Blair pur: Dafür und dagegen

■  Der britische Premier wird die Pro-Euro-Bewegung „Britain in Europe“ führen – unter der Bedingung, daß sie nicht mehr pro Euro ist. Euroskeptiker sind im Aufwind

Berlin (taz) – Tony Blair hat gestern zur Europapolitik ein kräftiges Sowohl-Als-auch von sich gegeben. Der britische Premier wird sich an die Spitze der überparteilichen Kampagne für den britischen Euro-Beitritt namens „Britain in Europe“ stellen, wenn diese sich im nächsten Monat der Öffentlichkeit präsentiert. Einzige Bedingung: Die Pro-Euro-Kampagne soll keine Kampagne mehr für den Euro machen, sondern einfach für die Stärkung Großbritanniens innerhalb der EU eintreten.

Blair habe sich mit der Führungsrolle einverstanden erklärt, weil die Bewegung sich seiner vorsichtigen Haltung zum Euro angeschlossen habe, behauptete Handelsminister Stephen Byers gestern. Die Wahrheit sieht vermutlich genau andersherum aus: „Britain in Europe“ hat sich mit Blairs vorsichtiger Haltung angefreundet, weil er sich zu der Führungsrolle bereit erklärt hat.

Eigentlich ist „Britain in Europe“ der Klub der Euro-Fanatiker aller britischen Parteien. Er erhält indirekt Geld von der EU-Kommission und soll die führende Pro-Euro-Rolle spielen, wenn die Briten irgendwann in der nächsten Legislaturperiode zur Volksabstimmung über den Euro schreiten. Wofür der Klub da ist, wenn er das nicht tun soll, ist unklar.

Andererseits haben die Führer von „Britain in Europe“ immer gesagt, ohne Blairs Hilfe sei die ganze Kampagne zum Scheitern verurteilt. Die britische Öffentlichkeit ist nämlich mehrheitlich gegen den Euro eingestellt. Für „Britain in Europe“ ist es wichtiger, von Blair geführt zu werden, als mit dem Euro identifiziert zu werden.

Tony Blair seinerseits hat sich wieder einmal alles offengelassen. Nach der herben Labour-Niederlage bei den Europawahlen hatte er zunächst merklich euroskeptischere Töne angeschlagen; er nannte sogar einen britischen Euro-Beitritt zum jetzigen Zeitpunkt „dumm“. Zugleich aber wittern die Euro-Gegner, die sich ebenso wie die Euro-Befürworter im Hinblick auf eine Volksabstimmung bereits überparteilich organisiert haben, mit jeder solchen Äußerung und jedem weiteren Kursrückgang des Euro auf den Devisenmärkten neue Morgenluft.

Der ehemalige Labour-Politiker David Owen, Leiter der Anti-Euro-Gruppe „New Europe“, triumphierte letzte Woche bereits, der Euro in Großbritannien sei nach Blairs Dummheits-Äußerung „tot“. Der britische Premier hat aber keine Lust, in das Fahrwasser einer nicht von ihm beherrschten politischen Strömung zu geraten. Für ihn ist die Ausrichtung einer politischen Bewegung weniger wichtiger als der Umstand, daß er die Ausrichtung bestimmen kann.

Dominic Johnson