15.000 Mark pro Mann und Jahr sind zuviel

Die Subventionen für den Schiffbau werden gestrichen. Doch das große Geld ist bei den Werften nicht zu sparen  ■   Von Beate Willms

Berlin (taz) – Seit dem Konkurs im Mai 1996 gibt es ein Synonym für Subventionsmentalität: Aufstieg und Fall des „Maritimen Hochtechnologieverbundes“ Bremer Vulkan wären nicht möglich gewesen, wenn nicht Treuhand-Manager und Bremer Senatoren versucht hätten, mit sehr viel Geld und aus ausschließlich politischen Überlegungen Arbeitsplätze auf den ehemaligen DDR-Werften und im Bremer Schiffbau zu sichern – ohne die Rentabilität je ernsthaft im Auge zu behalten.

2,5 Milliarden Mark flossen in die Kassen des Konzerns und versickerten in teilweise dubiosen Kanälen. Im Untersuchungsbericht des Bremer Parlaments hieß es später, Subventionen müßten künftig „in der Sache und zeitlich klar“ begrenzt werden. Als Anfang Juni auch noch der norwegische Konzern Kvaerner als Eigentümer der Warnow-Werft in Rostock-Warnemünde ins Visier der Brüsseler Wettbewerbskommission geriet, weil das Management ebenfalls rund 1,25 Milliarden Mark an Beihilfen zweckentfremdet haben soll, standen die Gelder für den Schiffbau plötzlich ganz oben auf diversen Listen zum Abbau von Subventionen. Und tatsächlich hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in seinem Sparpaket angekündigt, die Werftenhilfe auslaufen zu lassen.

Dabei sind allerdings nicht die Milliardensummen zu sparen, die die Beispiele Vulkan und Kvaerner suggerieren. Zwar haben die Eigentümer der ostdeutschen Werften seit 1990 sieben Milliarden Mark Beihilfen kassiert, um den nicht wettbewerbsfähigen DDR-Schiffbau zu sanieren. Aber das waren einmalige Finanzspritzen im Rahmen des Ost-Aufbaus.

Inzwischen gilt für die Ost-Werften ebenso wie für die Konkurrenz im Westen die normale EU-Beihilfenregelung. Danach dürfen die nationalen Regierungen Werften in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Auftragswert unterstützen – 1999 und 2000 mit bis zu 9,9 Prozent. Die Bundesregierung hat dafür in ihrem Haushaltsplan für 1999 und 2000 jeweils rund 300 Millionen Mark veranschlagt. Ab dem Jahr 2001 wird das Förderverfahren auf EU-Beschluß hin ohnehin umgestellt: Beihilfen sollen dann nur noch für Forschungsprojekte, Kapazitätsabbau und Investitionen im Rahmen der regionalen Förderung gezahlt werden.

„Einsparpotential gibt es überhaupt nicht“, sagt Volkhard Meier, Geschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Der Vorsitzende der IG Metall Küste, Frank Teichmüller, befürchtet auch ohne Streichungen „einen massiven Kapazitätsabbau vor allem im deutschen Containerschiffbau“. Dieser steht aber ohnehin auf der Tagesordnung, auch oder gerade weil die Branche wie kaum eine zweite durch Wettbewerbsverzerrungen, Preisdumping und Subventionswettlauf geprägt ist. Die Schiffbauer in Asien sind bis zu einem Drittel billiger als ihre europäische Konkurrenz, was sich bei den japanischen vor allem durch Quersubventionen innerhalb von Mischkonzernen erklärt. Die südkoreanischen Unternehmen können sich auf billigste Arbeitskräfte und eine schwache Währung verlassen. Selbst in Europa gibt es trotz Beihilfenregelung noch Unterschiede. Schließlich hat jede Regel ihre Ausnahme: So werden die spanischen Schiffbauer fast viermal stärker gefördert als die deutschen. „Die Regierung will den von Brüssel vorgegebenen Rahmen nur teilweise ausschöpfen“, so Volkhard Meier: Die Wettbewerbshilfen beschränkten sich auf höchstens sieben Prozent.

„Die Werften werden seit langem nur künstlich am Leben erhalten“, hält Dieter Vesper, Subventionsexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dem entgegen. „Mit diesen Riesenkästen, die sie schon immer bauen, ist heute kein Geschäft mehr zu machen.“ Staatliche Subventionen, vor allem, wenn sie am Produktwert orientiert sind, unterstützten diese Trägheit. Marktsegemente, die dem deutschen Standortvorteil Produktivität und technologisches Know-how eher entsprechen, also etwa der Bau von kleinen Spezialschiffen, würden dadurch aber vernachlässigt.

Die für 1999 veranschlagten 300 Millionen Mark bedeuten zwar nur noch halb soviel Förderung wie noch vor sechs Jahren. Dafür ist aber auch die Zahl der Werftarbeiter rasant gesunken. 1996 waren nach Angaben der IG Metall noch 30.000 Leute in den Docks und Hallen beschäftigt, drei Jahre später sind es noch etwa 20.500. Jeder Arbeitsplatz im Schiffbau wird also mit fast 15.000 Mark gefördert – das ist ein Drittel mehr als in der Landwirtschaft.