Racheakt in Merseburg: Polizei sucht Herrn K.

■ Bei den Ermittlungen verdichten sich Hinweise auf einen Bandenkrieg im Rotlichtmilieu

Merseburg (taz) – Gern würden sich die Ermittler des Merseburger Bombenattentats mit Matthias K. unterhalten. Das geht aber nicht, denn K. ist untergetaucht. Zuletzt ist er am Sonntag in der Merseburger Bierkneipe „Desperado“ gesehen worden. Drei Stunden bevor dort eine in einem Betonkübel versteckte Bombe explodierte, verschwand Matthias K. 20 Menschen im Alter von 23 bis 45 Jahren wurden bei dem Anschlag verletzt, sieben von ihnen schwer. Eine 23jährige Frau, der beide Beine durch das Attentat abgerissen wurden, lag gestern ebenso wie ein 28jähriger Mann mit schweren Verletzungen noch immer im künstlichen Koma.

Nach taz-Informationen könnte K. der entscheidende Schlüssel zur Aufklärung sein. Hintergrund des Anschlags wäre demnach ein seit längerem tobender Krieg zwischen rivalisierenden Gruppen, offenbar im Rotlichtmilieu. So wurde vor 14 Tagen die Sexbar „for ever“ in Leuna überfallen und schwer verwüstet. Deren Chef erstattete aber seltsamerweise keine Anzeige.

Eine Woche später traf es dann das Hauptquartier der Bikergruppe Vampirs. Einige Biker wurden beim Überfall krankenhausreif geprügelt. Rocker sagten damals der Polizei: „Wir kennen die Täter. Das regeln wir schon selber.“ Der Besitzer des „for ever“ soll gleichzeitig Vampirs-Chef sein.

Denn nach Polizeiangaben hat das Merseburger „Desperado“ normalerweise sonntags um 1 Uhr 30, zur Tatzeit, geschlossen. Am vergangenen Sonntag aber feierte dessen Mieter, der 25jährige Ingo B., dort seinen Geburtstag. Mit einem Partner betreibt er außerdem die Merseburger Sicherheitsagentur Pro Security. Die Polizei geht mit großer Sicherheit davon aus, daß der Anschlag gezielt eben dieser Feierrunde galt.

Wer wußte alles davon? Matthias K. mit Sicherheit. Denn Ingo B. ist zwar Mieter des „Desperado“. Betreiber aber ist Matthias K. Und der ist ganz nebenbei Mitglied der Vampirs. Nick Reimer