Lebenslang für Hungertod

■ Eltern des verhungerten Pflegekindes Alexander werden wegen Mordes verurteilt

Stuttgart (dpa) – Mit lebenslangen Freiheitsstrafen für die Pflegeeltern hat das Stuttgarter Landgericht gestern den Hungertod des 5jährigen Alexander geahndet. Nach einem 7monatigen Indizienprozeß befand das Gericht die Pflegeeltern des Mordes sowie der Mißhandlung von Schutzbefohlenen für schuldig. Die Verteidiger der gelernten Kinderpflegerin (33) und ihres Ehemanns (39) wollen in Revision gehen.

Der Junge war Ende 1997 im Hause seiner Pflegeeltern in Weinstadt-Beutelsbach an den Folgen von Unterernährung gestorben. Mit 7,2 Kilogramm hatte er zum Todeszeitpunkt gerade mal soviel wie ein sechs Monate altes Baby gewogen. „Er hat die meiste Zeit seines Lebens Leid erfahren“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Krause. Auch zwei weitere Pflegekinder – der ein Jahr ältere Bruder Alexanders und ein heute zehnjähriger Junge – durchlitten nach Auffassung der Kammer „ein Martyrium“. Sie waren halb verhungert aufgefunden worden und mußten im Krankenhaus aufgepäppelt werden. Den drei leiblichen Kindern des Ehepaares ging es hingegen gut.

Im Gegensatz zum Staatsanwalt gehen die Richter nicht von Habgier als Motiv aus – sie glauben an einen Verdeckungsmord. Die Pflegeeltern hätten trotz des schlimmen Zustands Alexanders nicht rechtzeitig einen Arzt aufgesucht, um so die jahrelange Mißhandlung der Pflegekinder zu vertuschen. Das Pflegegeld habe bei den Taten keine entscheidende Rolle gespielt. Für die Kinder erhielt das Paar rund 3.300 Mark pro Monat an staatlichen Zuwendungen.