Antworten auf Fragen der Woche

Gibt es einen Phobiebegriff für die Angst, von einem herabfallenden Klavier erschlagen zu werden? (26. 6. 99) Ja, gibt es: „ Pianoapokteinie“ [von „apokteinein“ (altgriechisch) = „erschlagen“ werden]. Hajo Sygusch, Bremerhaven Nach eingängiger Lektüre verschiedener medizinischer Enzyklopädien zweier verschiedener Gesellschaftsformen (DDR und Neuzeit), in denen kein solcher Begriff geprägt wurde, ist es meiner Meinung nach dringend erforderlich, einen solchen zu erschöpfen und ihm den Namen „PianoCasuMortesphobie“ zu geben. Geht auch kürzer, wenn man PCM-Phobie sagt. Jörg Brokmann, Ilmenau Umzugstag. Gerd Neurath, Saarbrücken Ohne beleidigen zu wollen, fällt mir dazu nur ein: Udo Jürgens. Moni Holzhauser, Neureichenau * Man wacht vor dem Weckerklingeln auf, ist eigentlich ganz munter, bleibt aber liegen. Doch kaum klingelt der Wecker, wird man schlagartig müde. Woher kommt das? (26. 6. 99) Vielleicht kommt das aus Hamburg? Reimer Taubhorn Mann wacht morgens auf. Das eigentlich muntere Aufwachen war nur die Vorfreude auf die ersten Dopes des Tages: Koffein und Nikotin. Das Klingeln des Weckers holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Angst vor dem Wecker und daß man nicht grundlos aufgewacht ist, findet seine Bestätigung. Mann nennt es Erfahrung; die Abkürzung für: Er fährt ungern (zum Dienst). Daß es bei Frauen einen ähnlichen Vorgang gibt, war mir bislang nicht bekannt. Walter Wilbers, Fürstenau Das kommt von der Motivation. Die gibt es nämlich in extrinsischer und intrinsischer Form (nachzulesen bei: Mihaly Csikszentmihaly: „Das Flow-Erlebnis“). Intrinsisch wacht man vor dem Weckerklingeln auf und ist motiviert, etwas ganz Tolles oder Sinnvolles zu machen, z. B. einen Baum pflanzen oder lecker frühstücken. Man möcht aber noch nicht aufstehen, weil der Wecker gleich klingelt, d. h. die extrinsische Motivation lauert schon darauf, gleich über einen herzufallen und damit die brutale Wirklichkeit einzuläuten. Damals hat man ja diesen blöden Arbeitsvertrag unterschrieben, in dem steht, daß man sich bereit erklärt, jeden Morgen, sagen wir mal um acht Uhr, in dieser Firma zu sein, wo man Sachen macht und dafür Geld bekommt = extrinsische Motivation. Die intrinsische Motivation, die uns vor dem Weckerklingeln aufwachen läßt, sagt uns aber im Unterbewußtsein, daß die Sachen, die man dort machen wird, gar nicht sinnvoll oder toll sind, sondern genau das Gegenteil. Lösung: Arbeitsvertrag kündigen, Wecker nicht mehr stellen und der intrinsischen Motivation nachgehen. Peter Herbertz, Dresden * Muß man Kleider kürzer machen, wenn man abnimmt? (26. 6. 99) 1.) Ja! Bei gleicher Stofffläche (neue deutsche Rechtschreibung) nimmt die Kürze ab, wenn der Umfang sinkt. 2.) Nein, wenn Sie Ihrem Mann das kurze Beinkleid und die weißen Socken abnehmen. Bernd Göttmann, Ortenberg * Was ist das Gegenteil von „Erfinden“ und wie müßte ich mir einen solchen Vorgang vorstellen? (19. 6. 99) Ersuchen. Wie man sich das vorstellen kann? Weiß ich auch nicht! Ich ersuche die gescheiten taz-Leser, dazu etwas zu erfinden. Ulrich Uffrecht, Buxtehude Das Gegenteil von Erfinden ist natürlich nicht Siefinden, sondern Wiederholen. Wieso man sich diesen dauernd ablaufenden Vorgang auch noch vorstellen will, ist mir allerdings völlig unerfindlich. Sabine Schedding, Gaienhofen Das Gegenteil von „erfinden“ ist natürlich das reflexive Verb „siverlieren“ oder auch mittelhochdeutsch „siverliren“. Es bezeichnet den Vorgang, in dem eine einmal gewonnene Einsicht oder Erkenntnis durch zahlreiche Veränderungen und Modifikationen so weit entstellt wird, bis niemand mehr sie nachvollziehen kann. Während in früheren Jahrhunderten dieser Prozeß so selten auftrat, daß das Wort „siverlieren“ bereits in Vergessenheit geraten war, erlebte es im Rahmen der Entwicklung von Computerprogrammen eine Renaissance. Auf kaum einem anderen Gebiet läßt sich so plastisch erleben, wie durch beständige nicht oder nur schlecht kommentierte Änderungen eines Programms dieses in einen nicht mehr verständlichen Zustand übergeht. Dies gilt bereits, wenn nur eine einzige Person alle diese Änderungen vorgenommen hat und danach eine Woche in Urlaub gefahren ist. Hinterher kann sie sich noch grob daran erinnern, für welche Aufgaben das Programm gedacht war, nicht jedoch, wie die Augabe gelöst wurde. Die bereits erfundene Lösung hat sich wieder siverliert. Dipl. phys. Arend Streit Sankt Augustin * Wo ist bei einer Brezel oben oder unten? (19. 6. 99) Wo bei einer Brezel oben oder unten ist, kommt immer darauf an, in welchem Teil Deutschlands Sie sich befinden. Im Norden ist die Kerbe oben und die Rundung unten, denn die schiffsähnliche Form erinnert an die Seefahrt, an der die Herzen aller Norddeutschen immer noch heimlich hängen. Im Süden Deutschlands dagegen ist oben die Rundung und unten die Kerbe, wie ein lederbehoster Bayer im Sitzen, von hinten gesehen. Im Osten und Westen ist links die Kerbe und rechts die Rundung, das symbolisiert einerseits den aufgesperrten Schnabel junger Vögel, mit dem die Ossis nach finanziellen Zuwendungen aus dem Westen lechzen, andererseits die Entschlossenheit, mit der die Wessis ihren Landsleuten im Osten den Rücken zukehren. Brezeln, bei denen die andere Schlinge unten ist (die also die Rundung links und die Kerbe rechts haben), werden in Deutschland nicht hergestellt. Friederike Weber-Diehl, Berlin