Kein Fettnäpfchen

Gelegentlich wird sie auf der Straße angesprochen: „Sind Sie nicht ...?“ Selbst dort, wo sie wohnt, in Baden-Baden, gibt es ZuschauerInnen, die mittwochs auf MDR ihre Sendung „Achtung Fettnäpfchen“ anschauen. Die gebürtige Wuppertalerin, Jahrgang 1950, gibt dort Tips, wie man ohne Pannen und Peinlichkeiten die zahllosen Klippen des Alltags umschifft: „Wieviel Trinkgeld ist angemessen?“ – „Welche Schuhe passen zu welcher Gelegenheit?“ – „Was darf ich im Ausland fotografieren?“

Sie ist damit zu einer modernen Gräfin Schönfeld geworden, eine Nachfolgerin jener Anstandsdame, die in der Zeit jahrzehntelang das neue und alte Bildungsbürgertum mit feinen Distinktionsregeln versorgte. Wobei Elisabeth Bonneau nichts von solchen Konventionen hält, die Menschen Kommunikation im gesellschaftlichen Rahmen erschwert. Im Gegenteil versteht sie sich als Helferin, die darüber Auskunft gibt, wie man Beschämung vor allem auf fremdem Parkett in eigener Sache verhindert und wie man Sorge trägt, andere Menschen nicht durch Unachtsamkeit zu düpieren. Ihr Weltbild ist insofern strikt antiständisch – und damit bürgerlich.

Bonneau, Jahrgang 1950, aufgewachsen in Wuppertal als Tochter eines Gastwirts, studierte von 1968 bis 1974 Romanistik und Anglistik mit dem Schwerpunkt Linguistik in Aachen, Bonn, Wien und Freiburg, arbeitete danach, durchaus einem mütterlichen Wunsch folgend, zwanzig Jahre als Lehrerin, hauptsächlich in Baden-Baden. 1994 kündigte sie ihren pensionssicheren Job, um „etwas neues zu probieren“.

Was die „Kommunikationstrainerin“ (Selbstbezeichnung) vom Gros ihrer Konkurrentinnen auf dem Takt & Ton-Markt unterscheidet, ist vermutlich ihr Wissen um die Verhandelbarkeit gesellschaftlicher Konventionen. Die meisten Regeln, die seit der Achtundsechziger-Ära zur Disposition standen, stehen nach eingehender Prüfung wieder hoch im Kurs: vor allem Respekt vor anderen Menschen. Bonneaus Bücher („In aller Form: Gewandtes Auftreten beim eleganten Essen“, „Safer Talk: Smalltalk ohne Hemmungen“ oder „Knigge für Kids“) sind im Buchhandel erhältlich. jaf