Denken lernen? Ach nööö...

■ „Think.-Theater“ in Bremerhaven versuchte sich im scientologyähnlichen Brainbuilding

„Think.-Theater“ heißt das Ensemble: Nein, ganz daneben – nicht ums Nachdenken über Krisen und Katastrophen geht es dieser Gruppe von Schnelldenkern, sondern um das Denken selbst. Fast wie bei den Scientologen will man uns zeigen, welch ungeahntes intellektuelles Potential in uns auf Erweckung lauert. Die grauen Zellen können bodygeb(u)ildet werden wie ein Muskel, so die frohe Botschaft. Und wer das nicht tut, geht grausam unter in der künftigen Wissensgesellschaft.

„Denken und mentales Training machen keine Mühe, sondern Spaß“, verkünden da fünf Entertainmentprofis in ihrem auf seriös machenden Prospekt, mit dem sie nicht nur Theaterbühnen anvisieren, sondern sich auch als „Event“ für Weiterbildungskurse andienen. Schließlich geht es „um die Anforderungen, die das kommende Jahrtausend stellt. Warum wir diesem „Think.-Theater“ hier überhaupt Beachtung schenken? Weil sie nicht nur zwei Tage lang im „Theater im Fischereihafen“ auftraten, sondern immerhin drei Wochen lang das renommierte Hamburger Schmidts Tivoli bespielen. Nur gut, daß alles halb so schlimm kam wie angekündigt: Statt Hirntherapie gab es eine launige Mischung aus Zirkus und Kabarett.

Wer mitmachen wollte, mußte zunächst sein Köpfchen im Theaterfoyer in einen hell erleuchteten IQ-Kasten stecken. Dort stellte eine freundliche Stimme merkwürdige Fragen („Was ist der Unterschied zwischen einem Joghurt und Amerika?“). Schon peinlich, denn wer die Prozedur hinter sich hatte, durfte feststellen, daß eine versteckte Kamera die Publikumsbefragung aufgenommen und zur allgemeinen Auslachung auf großer Leinwand freigegeben hat. Aber der Leiter des Unternehmens, Bernhard Wolff, will niemandem weh tun. Der als Moderator fungierende approbierte Arzt und Wissenschaftsjournalist Dr. Hirschhausen stellt vor: den brillanten Blitzrechner Andy the Enterbrainer, den freundlichen Clown Felix Gaudo („Ach nöööö...“) und den Breakdancer Kai Eikermann. Dann ein warming up für das Publikum, für den Herrn mit Glatze (“heute kann man doch stolz sein auf seine erweiterte Festplatte“) oder einen Mann namens Michael („naja, das kann jedem passieren“).

The Enterbrainer ist der Sohn eines Mathematikprofessors. Sekundenschnell rechnet er die dritte Wurzel aus zweistelligen Zahlen und nennt zu jedem zugerufenen Datum den richtigen Wochentag. Wortakrobat Wolff spricht am liebsten rückwärts für das „muklibup“. Und er beweist mittels Videoaufzeichnung, daß aus dem Gewürge umgekehrt verständliche Sätze werden. Die schönsten Scherze machen die fünf jedoch mit ihrem eigenen Breakdancer.

Ein schnelles, hübsches Varieté-Programm. Einzige Schattenseite: die aufgeblasene, alberne Selbstvermarktung als Denkschulung. Aber auch das ist verzeihlich. Die fünf wollen sich schließlich verkaufen. Z.B. an Manager, die lernen wollen, wie man sich von Mitarbeitern trennt – ganz sorgenfrei und witzig. Wer wollte hier zum Spielverderber werden. Stehen wir also auf und geben uns die Hand. Und jetzt andersrum, mit links! So beginnt das mentale Break-up.

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