Großflughafen Schönefeld gerät ins Trudeln

■  Nach Betrugsvorwürfen wackelt der geplante Flughafen Berlin Brandenburg International. Das Parlament in Potsdam muß dem Vertrag mit Hochtief noch zustimmen. Verzögerungen sind schon jetzt wahrscheinlich

Offiziell versuche man Ruhe zu verbreiten, aber die Luft brennt. Der geplante Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld ist ins Trudeln gekommen. Der Grund sind Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Geschäftsführer des Grunewalder Ingenieurbüros WIB, Herbert Märtin, wegen des Verdachts des Betrugs. Er soll im Auftrag einer Tochter der Flughafen-Holding (BBF) Angebote ausgewertet und gleichzeitig einen Beratervertrag mit dem Baukonzern Hochtief gehabt haben, unter dessen Führung der Flughafen gebaut werden soll.

Berlin hat als Alteigentümer der BBF dem mehr als 1.000 Seiten umfassenden Privatisierungsvertrag für die drei Flughäfen der Hauptstadt, Tempelhof, Tegel und Schönefeld, schon zugestimmt. Auch der Bund hat sein Plazet gegeben. Nach dem bisherigen Zeitplan muß aber noch das Parlament des Landes Brandenburg in Potsdam in der nächsten Woche der Privatisierung zustimmen.

Zwar unterstrich der Chef der Potsdamer Staatskanzlei, Jürgen Linde, die Vorgänge in Berlin hätten keine Auswirkungen auf Brandenburg. Zugleich räumte er aber ein, daß der Vertrag mit Hochtief gefährdet werde, wenn sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als stichhaltig erweisen sollten. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte schon am Donnerstag Räume von WIB und von Hochtief in Essen durchsucht. Die Ermittler fahndeten in 16 Orten in vier Bundesländern. Märtin, in dessen Privatwohnung die Ermittler ebenfalls waren, bestreitet nach Angaben der Justiz die Vorwürfe. Auch der Baukonzern Hochtief weist die Vorwürfe zurück. Ein Konzernsprecher betonte, es habe mit der WIB lediglich Gespräche über Lärmkontingentierungen am Düsseldorfer Flughafen gegeben, für dessen Neubau Hochtief ebenfalls verantwortlich zeichnet.

Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Volker Kähne, sagte der taz, er könne derzeit nicht sagen, ob das Milliardenprojekt durch die Ermittlungen ins Wackeln komme. Er kenne die Inhalte der Ermittlungen nicht genauer und könne deshalb auch nicht ermessen, ob sie Auswirkungen auf das Vergabeverfahren hätten.

Bisher war geplant, daß der neue Eigentümer der Flughafenholding den auf 4,85 Milliarden Mark veranschlagten Ausbau zum Großflughafen weitgehend aus eigenen Mitteln finanziert und bis zum Jahr 2007 abschließt. Das im Wettbewerbsverfahren unterlegene Unternehmen IVG hat vor dem Oberlandesgericht Potsdam gegen die Entscheidung für Hochtief geklagt. Das Verfahren ist noch anhängig. Verzögerungen, räumt Kähne ein, könne es geben, wenn das Gericht kein Urteil fälle, solange die Ermittlungen andauern. „Dann wird's schwierig“, sagte er. So ist es möglich, daß das Großprojekt nicht mehr unter dem beschleunigten Verfahren verwirklicht werden kann, das für die großen Verkehrsprojekte nach dem Fall der Mauer geschaffen wurde.

Während sich der SPD-Verkehrsexperte im Abgeordnetenhaus, Christian Gaebler, „relativ zuversichtlich“ zeigte, daß es vorerst nicht zu Verzögerungen kommen werde, hält sein bündnisgrüner Fachkollege dies für wahrscheinlich. Cramer findet dies auch gar nicht schlimm, denn: „Dann gibt es eben ein ordentliches Verfahren.“ Philipp Gessler