Interview
: „Mindestens ein Fahrer hat Mittel erhalten“

■ Anti-Doping-Experte Franke über die Tour und Beweise gegen Team Telekom

taz: Professor Franke, welche Gefühle löst der Start der Tour de France in Ihnen aus?

Werner Franke: Gar keine. Die Tour de France hat mich noch nie sonderlich interessiert. Ich halte gerade den Profiradsport seit Jahrzehnten für hoffnungslos drogenabhängig.

Ihnen sollen Dokumente vorliegen, die den Doping-Verdacht gegen Team Telekom bestätigen. Woher kommen die?

Ein Betreuer aus dem deutschen Radsport, der wohlgemerkt Fahrer verschiedener Mannschaften betreut, hatte in der Fernsehsendung „Monitor“ zunächst unglaublich erscheinende Aussagen gemacht.

Welche?

Daß bei kleineren Rennen sich die Fahrer, auch Jugendfahrer, systematisch nicht nur mit Epo und anabolen Steroiden die Birne vollhauen, sondern auch mit klassischen Aufputschmitteln wie Amphetamin und Metamphetamin, ja sogar mit Kokain. Dieser Betreuer hat einige Zeit später einen Wäschekorb zu mir gebracht.

Es war keine Wäsche drin?

Nein. Es war ganz klar, um was es sich dabei handelt, es war ja so horrend.

An der Echtheit der Dokumente besteht kein Zweifel?

Nein, überhaupt nicht. Es gibt drei Zeugen für den Inhalt des Wäschekorbs.

Sie fanden eine Liste illegaler Substanzen. Was stand drauf?

Ganz oben stand dort Epo, aber auch anabole Steroide und klassische Aufputschmittel.

Reicht das, um sagen zu können, daß beim Team Telekom gedopt wurde oder wird?

Es gibt Dokumente, die den illegalen Bezug von Arzneimitteln bei Fahrern mehrerer Rennställe belegen, darunter auch Telekom. Durch besagte Liste, verbunden mit der Aussage des Betreuers, weiß ich, daß mindestens ein bekannter Fahrer des Team Telekom ein Empfänger dieser Mittel aus dem nahen EU-Ausland war und auch von diesem Betreuer beraten wurde.

Um welchen Telekom-Fahrer handelt es sich?

Das kann ich nicht sagen. Mit Nennung des Fahrers würde man sofort Rückschlüsse ziehen können auf den Betreuer. Und wer im Radsport die Wahrheit auspackt, der ist lebenslang verbrannt. Interview: Frank Ketterer