Merkels Erfolg: Ozon um 0,015 Prozent gesunken

■ Bis 2000 muß eine neue Lösung her. Trittin und Greenpeace wollen niedrige Werte und Tempolimits. Der ADAC blockiert: „In L. A. fallen die Menschen auch nicht tot um“

Berlin (taz) – Als 1995 die damalige Umweltministerin Angela Merkel (CDU) ihre Sommersmogverordnung auf den Weg brachte, sagten viele Kritiker, das sei nur eine „Luftnummer“. Sie werde niemanden vom Fahren abhalten und eine Senkung der Ozonwerte zu Spitzenzeiten sei schon gar nicht zu erwarten. Vier Jahre danach hat jetzt das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) festgestellt: Die Kritiker hatten recht.

Die bis Ende 1999 gültige Verordnung habe die Ozondosis um gerade mal 0,015 bis 0,017 Prozent gesenkt. Das liege vor allem an den hohen Grenzwerten: Erst ab 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wird die Bevölkerung gewarnt und ab 240 Mikrogramm ein Fahrverbot ausgesprochen. Es gibt aber so viele Ausnahmen, daß bei den seltenen Ozonalarmen bisher praktisch niemand seinen Wagen stehen lassen mußte.

Im inzwischen grün regierten Bundesumweltministerium wird jetzt darüber nachgedacht, wie eine neue Regelung ab dem 1. Januar 2000 aussehen könnte. Die Vorgabe der EU ist klar: Bis 2010 muß der Warnwert auf 120 Mikrogramm sinken. Einem Diskussionspapier von Umweltminister Jürgen Trittin zufolge sollen sich im nächsten Jahr schon ab 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft die Räder langsamer drehen. Vorgeschlagen werden Tempolimits auf Autobahnen und Außerortsstraßen, ein Lösungsmittelverbot und eine Ausweitung des Alarms aus einem Bundesland auf jeweils ganz Nord- oder Süddeutschland. Nach den UPI-Berechnungen könnte man so die Ozonwerte um bis zu 28 Prozent senken.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat ein zweites Konzept vorgelegt, das nach den Berechnungen des UPI den mit Abstand größten Erfolg bringen würde: Bis zu 78 Prozent weniger Ozon in der Luft könnte ein Zweistufenplan bringen, den Greenpeace vorschlägt. In der Alarmstufe eins wird schon ab 120 Mikrogramm ein Fahrverbot für alle konventionellen PKW ausgesprochen. Ab 180 Mikrogramm (Alarmstufe zwei) gilt das Verbot auch für PKW, die die Euro-Abgas-Norm zwei nicht erfüllen und für herkömmliche Lastkraftwagen. Verboten werden soll auch der Einsatz von benzinbetriebenen Rasenmähern sowie der private Gebrauch von Lösungsmitteln. Außerdem sollen die Emissionen der Industrie bei Alarm gesenkt werden. Das Ganze wird flankiert von umfassenden Tempolimits.

Die Auto-Lobby will von solchen Plänen nichts wissen. Dieter Klaus Franke, Umweltreferent beim ADAC, möchte seine Mitglieder nicht der „Brachialgewalt“ von Tempolimits aussetzen. Auch der ADAC wolle die Ozonwerte senken, sagte er gegenüber der taz. Aber es gebe überhaupt keine klare Gefahrenzone: „In Los Angeles werden Ozonwerte von 500 bis 700 Mikrogramm gemessen, und die Leute fallen nicht tot um.“ Um Ozonwerte zu senken, müsse vor allem die Technik verbessert werden. Der ADAC setzt darüber hinaus auf den guten Willen der Autofahrer: Sind die Werte zu hoch, so die ADAC-Logik, dann würden die Leute schon freiwillig das Rad oder öffentliche Verkhrsmittel nutzen. Thorsten Denkler