„Viele halten mich für bekloppt“

■ Axel Meese leiht sich 70.000 Mark von der Bank, um einen tabulosen Film zu drehen / Seine Qualifikation: Er geht gerne ins Kino

Ein Bierchen trinken? Ins Theater gehen? Oder gar mal – huihuihui! – die ganze Nacht mit Doppelkopf um die Ohren hauen? Geben Sie es ruhig zu: Viel mehr gibt der durchschnittliche Freundes- und Bekanntenkreis an Freizeitaktivitäten nicht her. Woran das liegt? Sie sind eben nicht mit Axel Meese befreundet.

Denn FreundInnen von Axel Meese werden gefragt, ob sie mit einem Alien am Strand von Dangast über Weltverschwörungstheorien plaudern wollen. Was sie davon hielten, ihre intimsten inzestuösen Phantasien einfach mal so ganz ohne Tabus rauszulassen. Und ob sie bei der Gelegenheit nicht den starken Drang verspüren, vor laufender Kamera mal 'ne traumhafte Nummer mit Jesus zu schieben.

Traumhaften Sex mit Jesus wollte niemand aus Axel Meeses Freundeskreis haben. Alles andere hingegen war verlockend genug, um ein Dutzend FreundInnen davon zu überzeugen, als DarstellerInnen in Axel Meeses Spielfilm „Jenseits der Rosen“ mitzuspielen. Irgendwelche Erfahrungen als SchauspielerIn? Fehlanzeige. Doch da unterscheiden sich die FreundInnen nicht im geringsten von Axel Meese himself, der bislang in seinem Leben noch nie Regie geführt, einen Film produziert oder als Darsteller gearbeitet hat. Ende Juli aber wird das alles anders sein. Dann nämlich wird „Jenseits der Rosen“ abgedreht und Axel Meese wahrscheinlich um bis zu 70.000 Mark ärmer sein. Und um mindestens eine Erfahrung reicher.

Derart horrende Produktionskosten schrecken den 35jährigen nicht. Auch nicht, daß seine ArbeitskollegInnen in der EDV-Firma meinen, er sei „bekloppt und größenwahnsinnig“. Menschen mit gewählteren Ausdrucksformen geben ihm zudem zu bedenken, man verstünde beim besten Willen nicht, wovon sein Film eigentlich handelt. Meeses schlichte Antwort: „Vielleicht liegt's ja an Euch, daß Ihr es nicht versteht.“ Doch selbst der Gutwilligste wird Mühe haben, zu erahnen, was der Dichter uns damit bloß sagen will.

„Satanas – das Schloß der blutigen Bestie“, eine Edgar-Alan-Poe-Verfilmung aus den 60er Jahren, dient dem regen Kinogänger Meese als Ausgangspunkt für seinen „auf Tabubruch angelegten Film“. In seinem Bücherregal fanden sich als weitere Inspirationsquelle „Die apokalyptischen Reiter“ des mindestens bizarren Verschwörungstheoretikers Milton William Cooper. Und als Meese zufällig mal in einer bis dato ungelesenen Ausgabe von Dantes „Göttlicher Komödie“ blätterte, sprangen ihm Dialoge ins Auge, „die wie geschaffen waren für meinen Film“. Sieben Monate später war das Drehbuch zu „Jenseits der Rosen“ fertig.

Drei Zeitreisende mit diversen politischen Erfahrungen (“kleine Anspielung auf die Nazis kommt auch vor!“) entführen ein junges Paar und quälen es. Ein Alien sitzt am Strand in Dangast und erzählt einem jungen Mädchen von jener geheimen Weltregierung, der Maggie Thatcher und George Bush angehören, und die mit Ingrim daran arbeitet, die Menschheit von unerwünschten Bevölkerungsgruppen zu „säubern“. Zu diesem Zeck erfinden sie den HIV-Virus, der auf 2.000 Homosexuelle im Zuge einer fingierten Hepathitis-B-Impfung übertragen wird. Außerdem träumt eine Frau von Sex mit Jesus, Dante höchstpersönlich tritt auf und verteilt Plagegeister über die Weltherrschenden. Und dann? „Und dann kommen noch spannende fünf Minuten!“

Für die dreieinhalb vorgesehenen Hauptrollen hat er Traumbesetzungen gefunden: Sich selbst und den französischen Performancekünstler Costes samt seiner Freundin Marianne. Berüchtigt ist Costes in seiner Heimat für wüste Auftritte, in denen wild brüllende Menschen bevorzugt nackt über die Bühne hüpfen und sich gegenseitig wahlweise mit Sperma, Blut oder Kot beschmieren. Axel Meese ist Costes-Fan. Und freut sich, daß er ihn für sein Projekt gewinnen konnte. „Ich habe ihm eine E-Mail geschickt mit der Filmidee, Costes war begeistert und hat spontan zugesagt.“ Weiter im Team: Ein professioneller Kameramann, ein Cutter und die Betreiber der Discothek Tower, die Meese im Juli ihre Räume für die Dreharbeiten zur Verfügung stellen. Wenn der Film fertig ist, wird er, da ist sich Meese ganz sicher, seinen Weg in die Bremer Kommunal- und Programmkinos finden. Ein Filmfestival in Barcelona hat bereits Interesse an dem Streifen bekundet.

Doch selbst wenn Thatcher und Bush ihren Einfluß nicht geltend machen werden – der Weg bis zum „sicherlich absolut professionellen Endprodukt“ wird nicht einfach sein. Meese ahnt das. „Das wird noch einen Riesenstreß, das alles richtig zusammenzufuddeln“. Man glaubt es. Ungesehen.

Franco Zotta

Die Dreharbeiten zu „Jenseits der Rosen“ beginnen heute in der Discothek Tower. Wer den Film unterstützen möchte – Sponsoren sind willkommen – erreicht Axel Meese unter Tel.: 49 89 557 bzw. 0172/42 68 190 oder per E-Mail: axmeese§aol.com