Erforscht
: Roquefort gen-tec frei

■ Bremer Uni entwickelt weltweit erstes Verfahren, Genmanipulationen in Lebensmitteln nachzuweisen

Armin Hildebrandt geht es um die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Der Professor für Bioanalytik an der Bremer Uni spürt Genmanipulation in Lebensmitteln nach. Die bislang so unsichtbar waren wie jene verlorene Nadel. Jetzt hat er mit seinem Wissenschaftler-Team weltweit das erste Verfahren entwickelt, um in Mikroorganismen von Käse, Salami und Joghurt Gen-Eingriffe nachzuweisen.

Einfach ist das Verfahren allerdings nicht: Wenn die genveränderte Sequenz nicht bekannt ist, tappen Hildebrandt und Doktorand Dirk Käse im Dunkeln. Einige tausend Gene finden sich allein im Erbgut niederer Organismen wie Bakterien, Hefen, Pilze. Es bleibt ein langwieriges Detektivspiel in zwei Gen-Haufen: Hildebrandt vergleicht zum Beispiel den Genbestand eines Roquefort-Käse („Penicillium Roquefortii“) mit einem genetisch möglichst ähnlichen und gentechnikfreien Schimmelkäse. Die Nadel, die im Roquefort zu viel sein könnte, wäre die Genveränderung.

Um die klassischen Gen-food-Fälle Tomaten, Soja und Mais kümmert sich Hildebrandt nicht: „Die finde ich relativ harmlos.“ Im Joghurt allerdings nimmt man gleich „löffelweise lebende Bakterien ein“. Und an gentechnisch veränderten können Antibiotika-Resistenzen hängen, die auf die Darmflora übergehen. „Das ist viel schlimmer.“

Noch ist das Gefährdungspotential durch Salami, Käse und Joghurt nicht gerade hoch: Genmanipulierte Kulturen gebe es bisher nur im Versuchslabor. „Aber es sind die Produkte aus dem Ausland, denen ich mißtraue“, sagt Hildebrandt.

Verbraucher könnten sich jetzt eigentlich freuen. Hildebrandts Verfahren klingt, als könnte man die genmanipulierte Spreu vom einwandfreien Weizen trennen. „Der Verbraucher ist an Stäbchen interessiert, die man irgendwo reinhalten kann, und dann wird es rot.“ Genau das können die Bioanalytiker allerdings nicht leisten.

Denn der Gen-Check dauert: „mindestens zwei Wochen“, weiß Doktorand Dirk Käse. Und teuer ist es zudem noch: 1.000 Mark müßten für die Forschungen berappt werden. „Das Verfahren ist viel zu aufwendig, als das es vom Privatmenschen bezahlt werden könnte.“ Auch die Verbraucher-Zentralen können sich das nicht leisten. „Wir verlassen uns auf Forschungen der Stiftungen Warentest und Ökotest“, sagt Theodora Plate. Und Lebensmittelfirmen würden wohl kaum ihre Produkte freiwillig kontrollieren lassen. Auftraggeber sind für die Gen-Detektive also erstmal gar nicht in Sicht.

Hildebrandt reicht es aber schon, daß die Möglichkeit zur Gen-Kontrolle „Schwarze Schafe“ unter den Lebensmittelproduzenten und -importeuren abschrecken wird. Dirk Käse hofft, daß das Bundesgesundheitsministerium irgendwann „stichprobenartig Proben einführen wird“. Schließlich verlangt das Gesetz, daß Genfood als solches deklariert werden muß. Das Verfahren der Bremer Uni könne so „die Lücke zu Kontrollmöglichkeit und Gesetz schließen“.

Bis dahin ist es allerdings ein weiter Forschungsweg: „Noch sind wir im Entwicklungsstadium“, sagt Käse. Was ihm vor allem fehlt, sind lebende Stammkulturen. „Die Lebensmittelfirmen haben seit Jahrzehnten Hochleistungsstämme gezüchtet. Die geben sie aber nicht heraus. Das ist Firmengeheimnis.“ Denn an diesen Mikroorganismen hänge der charakteristische Geschmack. Aber ohne Vergleichsstämme können Hildebrandt und Käse die Nadel im Heuhaufen überhaupt nicht mehr finden. pipe