Gras gefährdet Führerschein

■ Führerscheinentzug wegen 11,4 Gramm Marihuana im Auto / Bayern und Bremen liberaler als Niedersachsen

Die Grenzer an der holländisch-niedersächsischen Grenze hatten eine gute Nase. In dem Ford Granada von Klaus B. roch es zwar nicht nach frischem Rauch, aber nach Marihuana. 11,4 Gramm stellten die Beamten sicher. Klaus B. gestand, das Dope zum Eigenkonsum mitgebracht zu haben. Auf einen sofortigen Drogentest verzichteten die Beamten – der Fahrer erschien nicht bekifft.

Klar war, daß Klaus B. dafür Ärger mit der Justiz bekommen würde. Weniger klar war ihm, daß er jetzt womöglich auch noch seinen Führerschein los wird. Nur der Besitz von 11,4 Gramm Gras reicht im niedersächsichen Landkreis Osterholz schon aus, daß an der Fahrtüchtigkeit der Person hinterm Lenkrad gezweifelt wird.

Die Oberkreisdirektion fordert nun von Klaus B., er solle sich die nächsten fünf Monate nicht allzuweit von seinem Wohnort entfernen: Fünf spontan durchzuführende Drogenscreenings (Drogentests) hat die Behörde ihm aufgenötigt, damit er beweist, nicht abhängig zu sein. Innerhalb von 24 Stunden nach einer telefonischen Aufforderung muß er sich bei einer Teststelle einfinden und Urin dalassen. Verweigert er sich, ist er den Lappen los. Und bezahlen muß er dafür auch noch – immerhin 795 Mark würde der TÜV für die Tests abkassieren.

Bis zu 200 Tage später kann ein solcher Test den Wirkstoff THC nachweisen. Fallen die Tests positiv aus, ist Klaus B. dran: Dann wird ein medizinisch-psychologisches Gutachten fällig, das sein Leben auf Suchtgefahr durchleuchtet. Kostenpunkt: nochmal 800 Mark. Am Ende stünde höchstwahrscheinlich der Führerscheinentzug. Von seinem Wohnort mitten im Teufelsmoor würde der Arbeitslose dann so gut wie gar nicht mehr wegkommen, das Arbeitsamt könnte ihn kaum noch vermitteln. „Wenn jemand nüchtern mit fünf Kisten Bier im Kofferraum erwischt wird, muß er auch nicht fünfmal beweisen, daß er kein Alki ist“, sucht Klaus B. den Vergleich zu anderen Süchten.

Möglich auch, daß die neuesten Rechtsgrundsätze noch nicht in Osterholz bekannt sind. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt bundesweit die neue „Fahrerlaubnis-Verordnung“. In Paragraph 14 steht: „Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.“ Weitere Tatsachen wäre zum Beispiel unsicheres Fahrverhalten – Klaus B. aber ist so nicht auffällig geworden.

20 bis 30 ähnliche Fälle landen pro Jahr auf dem Tisch des zuständigen Sachbearbeiters Meyerhoff in Osterholz – und werden immer restriktiv gehandhabt. Meyerhoff ist überzeugt: „Die Anordnung der Screenings ist das mildeste Mittel.“ Man hätte Klaus B. auch gleich die Fahrerlaubnis entziehen können. Vor dem zuständigen Verwaltungsgericht in Stade sei man bei Protesten der Betroffenen auch „immer oben geschwommen“.

Damit ist Niedersachsen sogar den Bayern voraus. In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichtes Ansbach vom 10. Februar 1999 hat man einen ähnlichen Fall ganz anders beurteilt: Auch dort sollte ein unbekiffter Drogenbesitzer zum Screening geordert werden. Aber der Fund von ein paar Klumpen Hasch reichten dort nicht aus, um die Tests anzuordnen – weil kein Fahrfehler begangen worden war (Aktenzeichen AN 10 S 98.02127). In Bremen würde ein solcher Fall ebenso gehandhabt wie in Bayern, so die Verkehrsbehörde. C. Dowe