Pakistan hofft auf US-Vermittlung

■ Indische Truppen erobern nach eigenen Angaben den strategisch wichtigen Tigerberg in Kaschmir zurück. Die Guerilla dementiert

Islamabad/Delhi/Paris (dpa/AP) – Im Kaschmir-Konflikt mit Indien setzt Pakistan weiter auf internationale Vermittlung. Der pakistanische Ministerpräsident Nawaz Sharif brach am Samstag zu Gesprächen mit US-Präsident Bill Clinton in Washington auf.

Clinton hatte die Regierung in Islamabad aufgefordert, die bewaffneten Eindringlinge aus dem von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs zurückzurufen. Indien versucht seit Wochen, die Kämpfer aus der Himalaya-Region zu vertreiben. Nach Medienberichten wird sich Clinton voraussichtlich auch mit dem indischen Regierungschef Atal Behari Vajpayee treffen.

Sharif reist nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur APP in Begleitung von Außenminister Sartaj Aziz. Dieser hatte den Konflikt am Freitag mit dem französischen Außenminister Hubert Védrine in Paris erörtert. In einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der französischen Zeitung Libération forderte Aziz Indien auf, eine Vermittlung zu akzeptieren.

Der Außenminister warf Indien zugleich eine aggressive Haltung und die Mobilisierung seiner gesamten Streitkräfte vor. Er warnte Neu Delhi vor einer weiteren Eskalation. Es sei aber gut, daß Pakistan auch atomar abschrecken könne: „Wo wären wir, wenn Indien die einzige Atommacht geblieben wäre?“, fragte Aziz.

Indien meldete am Samstag den Verlust von 23 Soldaten in den letzten 24 Stunden bei den heftigen Kämpfen an der Teilungslinie in Kaschmir. Auf pakistanischer Seite seien 21 Männer gefallen, teilte ein Armeesprecher in Delhi mit.

Indien habe seit Beginn der Kämpfe vor fast zwei Monaten insgesamt 240 Tote, 420 Verletzte und neun Vermißte zu beklagen gehabt. Pakistan habe schätzungsweise 467 Soldaten verloren, die von Pakistan unterstützten moslemischen Eindringlinge 183 Mann.

Indische Truppen namen nach eigenen Angaben gestern den strategisch wichtigen Tigerberg ein. Wie der indische Verteidigungsminister George Fernandes mitteilte, gingen der Erstürmung des knapp 5.000 Meter hohen Berges zehnstündige Kämpfe voraus. In Pakistan bestritt der Guerilla-Führer Sayed Salauddin hingegen die Einnahme des Berges, unterhalb dessen die Nachschublinie für die indischen Truppen in Nordkaschmir verläuft. Nach Angaben von Fernandes stießen die indischen Soldaten bei der Erstürmung auf wenig Gegenwehr.