Razzia gegen Zuhälter und Frauenhändler

Großeinsatz: Vier Männer verhaftet und fünf Bordelle geschlossen  ■ Von Magda Schneider

Großrazzia gegen Organisierte Kriminalität im Bereich Prostitution und Frauenhandel: 200 Polizisten haben in der Nacht zum Dienstag in Hamburg-Hammerbrook sowie in Elmshorn, Glinde und Kaltenkirchen 16 Wohnungen und acht Bordelle durchsucht. Vier mutmaßliche Zuhälter des größten Hamburger Straßenstrich an der Süderstraße wurden verhaftet. Sie sitzen im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis in U-Haft. Fünf Bordelle wurden im Anschluß an die Razzia geschlossen.

Dem Großeinsatz waren mehrmonatige Ermittlungen der Abteilung Organisierte Kriminalität (OK) des Landeskriminalamtes (LKA) und der Staatsanwaltschaft in Hamburg vorangegangen. Gegen vier Männer waren Haftbefehle wegen „räuberischer Erpressung und dirigistischer Zuhälterei“, so Polizeisprecherin Ulrike Sweden, erwirkt worden.

Die Männer aus Mazedonien, Jugoslawien und Deutschland sollen demnach eine kriminelle Vereinigung gegründet haben, die inzwischen den Straßenstrich fest unter ihre Kontrolle gebracht hat. Kopf der Gruppe ist nach Polizeiangaben der 32jährige Musa A. – im Milieu auch „Albaner-Willi“ genannt –, der zusammen mit drei Komplizien bei etwa 100 Prostituierten die Einnahmen abkassiert habe und seit 1995 mehrere Bordelle betreibt.

„Albaner-Willi“ steht auch im Verdacht, vor drei Jahren an der Schießerei im Bordell „Blue Night“ an der Budapester Straße auf St. Pauli beteiligt gewesen zu sein, bei der zwei türkische Zuhälter erschossen wurden. Diese tödliche Auseinandersetzung könnte Teil eines immer heftiger werdenden Machtkampfes im Rotlicht-Milieu gewesen sein. Immer mehr Kosovo-Albaner und Russen übernahmen in den vergangenen Jahren traditionelle Kiez-Etablissements. Für sie „anschaffen“ müssen meist Frauen aus Polen oder Rußland, die mit falschen Versprechungen nach Hamburg gelockt und hier zur Prostitution gezwungen wurden.

Der Schlag gegen die organisierte Zuhälterszene in Hamburg ist nach Einschätzung von Staatsanwaltschafts-Sprecher Rüdiger Bagger nur von vorübergehender Wirkung, weil der „Nachwuchs“ groß sei. Da die Verdienstspannen bei Zuhälterei ähnlich exorbitant hoch seien wie im Drogenhandel, würden immer wieder Kriminelle angelockt. So kassieren einige Luden monatliche Gewinne von bis zu 25.000 Mark pro Prostituierter ab.

Besonders zugenommen hat die Brutalität im Bereich der Modellprostitution, bei der Frauen in Wohnungen Sex gegen Geld anbieten. Die Prostituierten würden oft auf brutalste Weise gefoltert oder vergewaltigt, um sie zum Anschaffen zu zwingen. Die Ausweitung des Hamburger Zuhältermilieus um Russen, Albaner und Türken erschwert nach Auffassung Baggers etwa bei der Telefonüberwachung die Kontrolle der Szene.