Mit den Wölfen heulen

■ Modernen Jazz hat das Westport-Festival kaum zu bieten, immerhin hat Hamburg jetzt ein ordentliches Rock-Festival

Wie schön könnte man an dieser Stelle mal wieder über den Westport mosern: Die Tickets sind zu teuer, eine Programmatik läßt sich beim besten Willen auch in diesem Jahr nicht ausmachen. Was könnte das für ein schönes Festival sein! Wen könnte man sich nicht alles auf der Bühne vor den Deichtorhallen vorstellen! Etwa einen kubanischen Son-Greis. Fehlanzeige. Oder einen Afrobeat-Heroen. Wird doch gerade in breiter Front Fela Kutis enormes Werk wiederentdeckt. Nun ist der Nigerianer vor zwei Jahren an Aids verstorben, aber noch eine ganze Reihe Gefolgsleute führen sein Afro-Jazz-Funk-Erbe fort. Zuvorderst natürlich sein Sohn Femi, aber auch Mitstreiter wie Tony Allen, der solo oder mit seinen Soul Ascendents kürzlich erstaunliche Zeugnisse modernen Jazz' mit Afro-Beat-Schmackes abgeliefert hat. Bestimmt ließen sich diese Honoratioren zu einem lukrativen Auftritt beschwatzen. Aber das Musikgeschäft ist ja bekanntlich kein Wunschkonzert.

So freuen wir uns halt, daß der Westport inzwischen immerhin ein ordentliches Rock-Festival geworden ist mit einigen abgehangenen Konsen-Jazzern im Rahmenprogramm. Oder haben wir da wieder was falsch verstanden?

Mit Garbage wurde jedenfall zum erstenmal eine Alternativ-Band eingekauft, die ein richtiges Teenie-Publikum anspricht. Leider treten Shirley Manson und ihre drei Starproduzenten nicht wie angekündigt an der frischen Luft auf, sondern im Festzelt, dessen Grundfläche in diesem Jahr extra verdoppelt wurde. Das liegt daran, daß ihre monströse Lichtshow, die sie schon bei „Rock am Ring“ aufleuchten ließen, um 19 Uhr noch gegen die erbarmungslose Hamburger Sonne anzukämpfen hätte. Und wohl auch daran, daß sonst allzu viele Zaungäste dabei gewesen wären.

Auch Nick Cave fühlt sich im Dunkeln wohler. Der australische Gefühlsbeschwörer wird nicht zusammen mit seinen Bad Seeds aufspielen, sondern mit dem Jazzgeiger Warren Ellis und seinem Dirty Three-Kollegen Jim White am Schlagzeug sowie Susan Stenger, der Bassistin von John Cale. Ob der einsame Wolf so endgültig in die Fußstapfen von Leonard Cohen treten wird? Unter dem wenig schmeichelhaf-ten Motto „Sirene“ kommt ferner die rüstige Gefühls-Exhibitionistin Heather Nova. Ausgerechnet ihr Bruder konnte mit seinem gitarrenlastigen Reggae-Projekt Mishka kurzfristig ins Vorprogramm gebucht werden. Wenn da mal keine Freudentränen fließen. vom

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