Mit der Stadtbahn zum Arbeitsplatz

Studie von VCD und Öko-Institut: Abkehr vom Auto schafft neue Stellen  ■ Von Gernot Knödler

Von wegen „jeder 7. Arbeitsplatz in Deutschland hängt am Auto“. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und das Öko-Institut haben gestern in der Rathauspassage eine Studie vorgestellt, die mit dem Vorurteil aufräumen will, eine Abkehr vom Auto könnten wir uns aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten. Laut Studie zumindest ist das Gegenteil der Fall: Bei einer mäßigen Verlagerung des Autoverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel, das Fahrrad und die Gehsteige würden 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen und der Kohlendioxidausstoß um ein Viertel sinken.

Zwei Szenarien für das Jahr 2010, die beide davon ausgehen, daß die Menschen häufiger unterwegs sein werden als heute, vergleicht das Öko-Institut. Im „Trend“-Szenario wird die Verkehrsentwicklung bis 1997 einfach fortgeschrieben. Das bedeutet: weitere zehn Millionen Pkws. Die werden zwar nicht wesentlich öfter aus der Garage geholt als heute, dafür legen die Menschen aber weitere Wege zurück – meist mit dem Auto.

Im „Move“-Szenario dagegen bewegt sich etwas in der Verkehrspolitik: Umweltverträgliche Verkehrsmittel werden attraktiver gemacht, etwa durch besseren Service oder Sonderspuren. Der technische Fortschritt wird benutzt, um Pkws sparsamer zu machen und Busse und Bahnen besser aufeinander abzustimmen (Telematik). Der Staat schafft ökonomische Anreize zugunsten umweltverträglicher Verkehrsmittel: In Hamburg finanziert er, wie vom VCD gefordert, die Wiedereinführung der Stadtbahn. Er erhöht die Mineralölsteuer und sorgt für mehr Wettbewerb im öffentlichen Verkehr.

Im Vergleich zu heute ließe dann jeder dreimal pro Woche das Auto stehen. Er unternähme acht zusätzliche Bahnfahrten pro Jahr und würde zweimal im Monat per Bus oder Stadtbahn ins Theater fahren. Diese Annahmen seien durchaus nicht unrealistisch, findet das Öko-Institut: „Wenn die Bundesbürger im Jahr 2010 durchschnittlich 1500 Kilometer, also mehr als doppelt so viel wie heute, mit der Bahn reisen, sind sie bei einer Quote, die in der Schweiz schon heute üblich ist.“ Und wenn die Deutschen doppelt soviel Fahrrad fahren würden wie heute, lägen sie mit knapp 600 Kilometern immer noch hinter den Niederländern mit gegenwärtig 850 Kilometern.

Der Autoindustrie gingen nach dem „Move“-Szenario 130.000 Arbeitsplätze verloren. Dagegen stünde ein Boom bei Bussen und Bahnen. Allein 95.000 zusätzliche Bus- und 20.000 Lokführer und Straßenbahnfahrer würden gebraucht, dazu Mechaniker und Manager, Fahrradverkäufer und Mitarbeiter bei Mobilitätszentralen – insgesamt 337.000 neue Arbeitsplätze.

Autofahren sei im Prinzip „unbezahlte Eigenarbeit“, sagte Anke Herold vom Öko-Institut. Außerdem profitiere das Ausland beim Autoverkehr weitaus stärker von Investitionen als beim öffentlichen Verkehr. Eine Verkehrsverlagerung brächte daher unterm Strich 207.000 Arbeitsplätze netto.