Zur Breminale
: Die Schmuggler vom Osterdeich

■ Das Festival auf den Weserwiesen hat ungezählte Widrigkeiten überstanden

Es ist mal Zeit, an den Breminale-Button zu erinnern. Der Breminale-Button war ein quadratischer Anstecker, der dem Aufsichtspersonal beim gleichnamigen Festival unten auf den Weserwiesen am Osterdeich zeigte: „Yep, dieser Mensch hat bezahlt. Den könn'n wer reinlassen.“ Jedes Jahr war der Breminale-Button in einer neuen Farbe gedruckt, damit kein Durcheinander entsteht. Für manche Leute hatte der Breminale-Button den gleichen Sammlerwert wie für andere Leute die Maut-Vignette der Schweizer Autobahnpolizei. Doch der Clou des Breminale-Buttons war etwas anderes: nämlich der Sport, mit möglichst wenig Buttons möglichst viele Leute in die Zelte, in denen die Musik spielte, zu schmuggeln. Der inoffizielle Rekord wird mit 83 Eingeschmuggelten mit drei Buttons angegeben.

Die Breminale-Buttons sind inzwischen museumsreif. Das wieder nach dem Umsonst-und-quasi-draußen-Prinzip organisierte Festival ist es dagegen nicht. Neuerdings mit dem „Bremen neu erleben“-Slogan geadelt und somit wieder öffentlich gefördert, sind die Festival-MacherInnen sogar beinahe wieder da gelandet, wo Ende der 80er Jahre alles anfing: bei einem bunten Gemisch aus Kultur- und Stadtfest, in dem von der Currywurst-Liebhaberin über den Fan sogenannter Weltmusik bis zum Literaturfreak für alle etwas dabei war.

Und doch hat sich viel geändert. Denn damals tobte hinter den Kulissen ein Gezeter um alles und jedes. „Zeigt mehr Bremer Kultur“, forderten die einen. „Zeigt bloß nicht zu viel Provinzkunst“, hielten die anderen dagegen. Zeitweise gab es eine Off-Breminale, dann ein Blues-Festival im Festival und immer dieses Veranstalter-Gezitter um's Wetter. „Breminale? Is' mir echt zu kommerziell“, urteilte bald die sogenannte Szene. Und doch gingen alle hin, weil Anna auch da war, Stummel irgendwo Tresen machte oder wenigstens ein neuer Rekord beim Sport mit dem Button aufgestellt werden mußte.

Die Breminale hat all das überstanden und inzwischen sogar das tatsächlich kommerzielle Stadtfest in der City überlebt. Die Streitereien sind verstummt, das Festival ist – wie vieles andere auch – einfach eine selbstverständliche Veranstaltung geworden.

Auf dieser und auf Seite 26 machen wir Appetit auf die 1999er-Ausgabe des Festivals. Wir stellen das Programm auf der „Weltbühne“, der Open-Air-Bühne und in dem eigens für die „Flut“ aufgestellten Autoscooter sowie die begehbare Skulptur „Wunderbare Welten“ vor. Lassen Sie sich neugierig machen auf ein Live-Hörspiel, auf den Stargast der „Breminale“, Taj Mahal, auf die Ankunft des Swing-Revivals am Osterdeich oder auf eine Techno-Vertonung. Außerdem dokumentieren wir alle Zahlen, Zeiten und Termine. Denn wie immer sind vom Kinderprogramm bis zur Streetperformance bis Sonntag ungezählte weitere Entdeckungen auf der Breminale zu machen. Viel Spaß dabei. Christoph Köster