Bücher drucken auf Wunsch und Bestellung

■ „Print on Demand“ wird die Buch- und Verlagskultur verändern: Bücher können einzeln gedruckt werden. Lagerkosten fallen weg, und vergriffene Werke bekommen eine Chance

Hamburg (AFP) – Eine Minute braucht die digitale Druckmaschine, dann hat sie das im Handel längst vergriffene, 200 Seiten starke Buch fertig gebunden ausgespuckt. Hinter dem Service verbirgt sich ein Angebot namens „Books on Demand“, der Buchdruck auf Bestellung. 300 Titel hat der Hamburger Buchgroßhändler Libri derzeit im digitalen Programm, 300 weitere mehr oder weniger seltene Titel stehen kurz vor der Einspeisung ins System, sagt Inka Heuer, zuständig für die Vermarktung von „Books on Demand“.

Das Geschäft gewinnt an Schwung: In den ersten fünf Monaten haben die beiden Maschinen bei Libri schon über 10.000 Bücher hergestellt, und alle zwei Monate verdoppelt sich das Druckvolumen. Seit Donnerstag ist Libri auch online präsent, so daß Bestellungen auch über das Internet eingegeben werden. Die neue Technik kommt vom Kopierkonzern Xerox, aber auch der Computerkonzern IBM ist bereits in dem Geschäft. IBM ist überzeugt, daß das bei dem Unternehmen „Print on Demand“ genannte Konzept weitreichende Folgen für die Buchkultur haben wird. Mit Büchern, die Stück für Stück nach Bedarf gedruckt werden, könnten Handel und Großhandel nicht nur flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren, sondern auch die hohen Lagerkosten reduzieren.

Libri und die Verlage denken deshalb bei der neuen Technik nicht nur an die vergriffenen Bücher. Mit Books on Demand seien auch neue Titel für Bedarfsnischen zu realisieren. Nachauflagen für einen kleinen Kundenkreis hätten wieder eine wirtschaftliche Perspektive. Damit werde der Lebenszyklus von Büchern verlängert, sagt Heuer. Die Hersteller verweisen darauf, daß mit dem Verfahren Bücher produziert werden können, die sich nicht von den im Offsetdruck hergestellten Originalen unterscheiden. „Viele Bücher kommen gar nicht in den Handel, weil die Verlage das wirtschaftliche Risiko durch den teuren Offsetdruck bei Erstlingswerken oder spezieller Fachliteratur fürchten“, sagt Heuer.

100 bis 500 nachgefragte Exemplare pro Titel sind für einen Verlag bei konventioneller Herstellung eine wirtschaftlich kritische Größenordnung. Hinzu kommt das Risiko, die Nachfrage und dieAuflage falsch eingeschätzt zu haben. Überbestände, Verramschung oder gar Vernichtung Tausender Ladenhüter sind die Folgen. Bei Books on Demand kostet die Seite 3,5 Pfennig, bei Kleinauflagen ab 20 Exemplaren sechs Pfennig, ab 100 Exemplaren 5,5 Pfennig. „Books on Demand eröffnet den wirtschaftlichen Ansatz, mit maßgeschneiderter Einzelherstellung oder Kleinauflagen diese Probleme zu lösen und zudem eine ständige Lieferbereitschaft in Kombination mit einer Just-in-time-Auslieferung zu gewährleisten“, meint Heuer.

Größte Nachfrager sind derzeit noch Universitäten und öffentliche Bibliotheken. Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft machen im digitalen Angebot etwa 30 Prozent, Belletristik etwa 24 Prozent aus.