Alles wieder schön an der Oper

Selbst geldgierige deutsche Finanzbeamte im fernen Bonn scheinen kurz vor der Katastrophe doch noch die Bedeutung der Domingos und Pavarottis für die deutsche Oper erkannt zu haben. Die vorläufige Einigung im Streit um das neue Jahressteuergesetz, das an den Opernhäusern in den vergangenen Wochen mit der unverhältnismäßigen Besteuerung von Gastkünstlern für Panik gesorgt hatte, war die wichtigste Nachricht, die das ausgelassene Intendantengespann der Hamburgischen Staatsoper Mittwoch auf seiner weihnachtlichen Pressekonferenz präsentieren konnte.

Man hatte sich schon darauf eingerichtet, den Journalisten ein Horrorszenario für die nächsten Monate auszumalen, so Intendant Ruzicka, doch nun hätten die Lohnsteuerreferenten der Länder im Gesetz doch noch eine Wendung gefunden, die eine Sonderregelung für die in Deutschland singenden Ausländer zuläßt.

Eigentlich hatte man nur die Steuerflüchtlinge, die „Fernsehmoderatoren und Fußballspieler“ (Ruzicka) treffen wollen, doch die neue Regelung, nach der ab Januar nicht mehr der Wohnsitz, sondern der Arbeitsplatz für die Erhebung der Einkommensteuer ausschlaggebend ist, hatte unversehens die internationalen Besetzungslisten der deutschen Opernhäuser in Gefahr gebracht. Jeder Gastsänger hätte dann – nach alter Opernsitte in bar und während der Vorstellungspause – nur ein um 53prozentigen Vorabzug ausgedünntes Scheinbündel in Empfang nehmen dürfen.

Die befürchtete Absagewelle renommierter Stars ist durch das Einlenken der Finanzoberen nun noch buchstäblich in letzter Minute verhindert worden. Das Gesetz könne, so Ruzicka, zwar nicht geändert werden, man habe aber ein Schlupfloch entdeckt: Wenn nämlich besonderer volkswirtschaftlicher Schaden drohe, sei ein Herunterfahren des Steuersatzes auf 30 Prozent möglich, und ebendies werde künftig mit den Gagen der Opernstars geschehen. Damit würde man sich noch innerhalb des in Europa üblichen Spektrums bewegen und absagen werde wohl niemand mehr.

GMD Gerd Albrecht blieb es vorbehalten, zum Abschluß einen zaghaften Schritt der Intendanz in Richtung Marktwirtschaft zu verkünden: Im neuen operneigenen CD- und Souvenirshop können Opernfreunde künftig CDs von Pavarotti, Domingo und Gerd Albrecht erstehen.

Jörg Königsdorf