Wenn Hans erzählt ...

■ Zwischen Palmen und Hungerjahren – Koschnick über „Bremen nach dem Krieg“

Ein bißchen war es wie Märchenstunde – mit Gechichte serviert und Sahnehäubchen aus dem Leben des Bremer Altbürgermeisters obendrauf: Ausgerechnet unter Palmen und Südseehütten im Überseemuseum erinnerte sich Hans Koschnick an die Nachkriegszeit im zerbombten Bremen. Zu den Daten und Fakten der bundesweiten Wander-Ausstellung „40 plus 10“ präsentierte Koschnick gelebte Erinnerung.

Er begann mit dem eigenen Schicksal. Der Vater hatte immer gesagt: „Sieh zu, daß Du Beamter wirst.“ Damals. „Dabei wußte ich nicht mal, was mein Vater eigentlich gemacht hatte.“ Und mit einem „Riesenglück“ fand Koschnick 1944 eine Lehrstelle im Rathaus. Um die antreten zu können, brauchte er noch den Beweis, daß er in der Hitlerjugend war. „Sie sind hoffentlich ...?“ Nein, das war er nicht. Aber der Soldatentod seines Vaters in Finnland „entsühnte“ das. Koschnick bekam das Papier.

Neun Monate später – „eine deutsche Schwangerschaft“, scherzte Koschnick – sah das wieder anders aus: Jetzt brauchte er einen Entnazifizierungsnachweis – für etwas, was er nie war: „Sie sind hoffentlich keiner“, hieß es jetzt. Koschnick erzählt ohne Manuskript. Reiht Episoden aneinander. Wiederaufbau war die nächste Etappe der Erinnerungsreise. „Damals waren ganze Wohnungen so groß, wie man heute das Wohnzimmer plant.“ Heute, sagte Koschnick stolz „ist Bremen Spitzenreiter und hat die meisten Eigentumswohnungen in ganz Deutschland.“ Dann kam die Gründung der Universität. „Ich konnte deshalb dafür kämpfen, weil ich keine kannte“. Die ersten Vorlesungen fanden draußen vor dem Rathaus statt. Das fand Koschnick klasse. „Da hatte ich auch was davon.“

Und schließlich die Industrie. Die Zuhörer – die meisten in Koschnicks Alter – spitzten die Ohren: Vieles hatten sie selbst erlebt und erlitten. Koschnick sprach vom „Glück der Demontage“, die letzlich neue Maschinen brachte, mit denen „schneller und besser produziert wurde.“ Und von der Freude darüber, „daß wir unsere Werft-Industrie wieder hatten“.

Später: Die Krise, das Werftensterben. Mit einem Riesensprung war Koschnick in den 70ern. „Bremerhaven, welches Bremen erst zum Land gemacht hat, war jetzt das Problem“. Der Hafen war kein Standortvorteil mehr für Verarbeitungsbetriebe – „die produzieren gleich im Ausland.“ Die letzte „Seeansiedlung“ liege weit zurück – für Daimler sei die Nähe zum Hafen ein Argument gewesen.

Koschnick beendete seinen Rundgang durch die bremische Nachkriegsgeschichte mit einer Bemerkung zu den rechten Parteien, die auf der Woge von Proteststimmen immer wieder im Bremer Parlament auftauchten: Die Deutsche Volkspartei, die NPD, die DVU. Das zeige vielleicht, daß „die Fähigkeit zum Zuhören in der Politik nachgelassen hat. Aber vielleicht kommt es wieder. Mal sehen.“ pipe