Drogen-Streß im Viertel

■ Anwohner befürchten eine neue Drogenberatungsstelle in der St. Pauli Straße / Der Drogenverein dementiert die Pläne / Heute ist Infotreffen

Im Viertel hängt der Haussegen schief: Aufgeschreckte Anwohner machen derzeit massiv gegen den Drogenhilfe-Verein „Ani Avati“ mobil. Über 70 Bewohner haben bereits einen Protestbrief gegen eine geplante neue Einrichtung im Viertel unterschrieben – und das „buten & binnen“-Team „war auch schon hier“, berichtet Anwohnerin Monika Heuß. Dabei sei es für „Skandalberichte“ eigentlich noch zu früh: Schließlich ist noch gar nicht klar, was eigentlich geplant ist in der skandalumwitterten St. Pauli-Straße Nr. 65.

Statt handfester Fakten kursierten nämlich bislang nur wilde Gerüchte: In dem leerstehenden Geschäft wolle „Ani Avati“ eine neue Drogenberatungsstelle hochziehen, hieß es, nachdem Anwohner zufällig Bautätigkeiten entdeckten. Das regionale Fernsehteam war schnell zur Stelle, erste Unterschriftenlisten geschrieben: Man wolle keine neue Einrichtung im Viertel, klagten Anwohner in diesem Protestbrief – und berichteten über ihre Sorgen wegen spielender Kinder.

Dabei sei alles doch „gar nicht so schlimm“, müht sich jetzt Vereinsmitglied Harald Thies um Schadensbegrenzung. Denn von einer Drogenberatungsstelle könne gar keine Rede sein, beteuert er. Man wolle lediglich zwölf Jugendliche in den neuen Räumen betreuen, die drogengefährdet sind. „Die haben oder hatten nur Probleme mit Alkohol, Tabletten oder Hasch – aber Herion, Kokain oder so nimmt keiner von denen“, beschwichtigt Thies – aber im Viertel traut man dem Braten trotzdem nicht.

Pures Mißtrauen herrscht da, „weil wir von Anfang an nie richtig informiert wurden“, klagt Anwohnerin Monika Heuß. Eigene Recherchen hätten sie stark beunruhigt. Beim antelefonierten Drogenreferat nämlich hätte man gesagt: „Ganz so harmlos ist das nicht.“ Denn „Ani Avati“ hatte sich dort schon vor Monaten erfolglos um öffentliche Zuschüsse bemüht – weil nicht klar war, für wen das beantragte „soziale Aufbau- und Lernprogramm für junge Erwachsene“ samt „Loslösung vom Drogenmißbrauch“ gedacht ist, erklärt Anton Bartling von den städtischen Drogenberatungsstellen. Auch Methadon-Substituierte, „das schwierigste Klientel überhaupt“, könnten damit gemeint sein.

Doch trotz „Nein“ startete „Ani Avati“ durch – mit eigenen Mitteln zunächst in Räumen von Substitutionsarzt und Vereinsmitglied Schäfer – „um präventiv zu helfen und nicht erst, wenn es zu spät ist.“ Laut Verein kamen über neue Kontakte zum Schulpsychologischen Dienst oder das Jugendamt junge „drogengefährdete“ Klienten zur Betreuung – und das Sozialamt zahlte nach Verfassung eines Gutachtens einzelne Betreuungshilfen. Die Tagessätze liegen da bei rund 200 Mark.

Mit Gruppen- und Einzelgesprächen, Autogenem Training und gemeinsamen Radtouren helfe man Jugendlichen, die „auf der Kippe stehen“. Ein einziger Methadonpatient sei auch dabei gewesen, „aber der ist clean“, beteuert Vereinsmitglied Thies. Die Praxisräume seien für die Arbeit aber auf Dauer zu klein gewesen: Da habe man eben das freiwerdende Ladengeschäft an der St. Pauli-Straße angemietet.

Allerdings ohne „vorab um die Akzeptanz der Anwohner zu werben“, ärgert sich Ortsamtsleiter Robert Bücking. Der war dazu bei einem Vorgespräch „in flammendste Rede geraten“. Aber „Ani Avati“ wollte „erst den Umbau vorantreiben. Danach hätten die Leute ja kommen und fragen können“, erklärt Vereinsmitglied Thies. „Da haben wir die Sensibilität der Anwohner wohl unterschätzt.“

Jetzt soll ein gemeinsames Treffen schlichten helfen: Am heutigen Freitag kommen Anwohner, Ortsamtsleiter und Drogenreferatler zum Austausch mit dem Verein zusammen – „um sich endlich ein Bild davon zu machen, was genau geplant ist“, erklärt der verärgerte Bücking. Und auch Anton Bartling erhofft sich Aufklärung: Schließlich sehe bislang alles danach aus, als wolle der Verein quasi durch die Hintertür Fakten und damit eine neuartige Anlaufstelle im Viertel schaffen. „Sollten diese Sorgen der Anwohner berechtigt sein, kann da nichts stattfinden“, warnt der Ortsamtsleiter schon vorab. kat