Den neuralgischen Punkt getroffen

■ Experten diskutieren über „Wirtschaftsraum Hamburg“

Drohen Hamburg amerikanische Verhältnisse? Folgen auf eine Schwemme aufgedunsener Freizeittempel, wie zum Beispiel Großkinos, nach geringer Halbwertzeit „Megazentren nach US-amerikanischem Vorbild“, die „Konsum“ und „Freizeit“ aufs stadtfeindlichste verbinden? Diese düstere Prognose wagte am Mittwoch abend Ulrich Hatzfeld, Raumplaner aus Dortmund und Teilnehmer am Podiumsgespräch der Stadtentwicklungsbehörde zum „Wirtschaftsraum Hamburg“ in der Evangelischen Akademie.

Fachforum Stadtentwicklungsgespräch heißt die – öffentliche – Veranstaltung, zu der Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow in unregelmäßigen Abständen Fachleute aus dem Bundesgebiet zur kritischen Begutachtung des neuen Hamburger Stadtentwicklungskonzeptes und des künftigen Flächennutzungsplanes einlädt. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit – auch an diesem Abend blieben die Profis weitgehend unter sich.

Diese fanden dann allerdings auch schnell die neuralgischen Punkte der Stadtentwicklung. Etwa Günter Muncke, Gutachter bei Müller Consult, der eine „Bestmarke“ von über 50.000 Quadratmetern leerstehender Büroflächen ausmachte – Tendenz weiter steigend. Eine Tatsache, die den Hamburger Wohnungssuchenden schwer zu vermitteln ist.

Einigkeit herrschte unter den Referenten, daß das enge Hamburg gerade bei der Suburbanisierung, der Ausweitung der Stadt in das Umland, schonend und pfleglich mit seinen Flächen umgehen müsse. Franz-Josef Bade, Volkswirtschaftsprofessor an der Uni Dortmund, wählte das Bild von der „Milch, die aus dem Topf quillt“, wenn sich in einem Verdichtungsraum wie Hamburg Engpässe bei erschwinglichen Flächen zeigen.

Im Gegensatz zu Ulrich Hatzfeld, der die Eigendynamik von Handel und Freizeit als „kaum planbar“ bezeichnete – konzentrierte Riesenanlagen in diesem Bereich seien nicht aufzuhalten –, setzte Hans-Werner Bonny vom Planungsbüro Planquadrat bewußt auf Funktionsmischung: Da Gewerbeflächen immer kleinteiliger würden und oftmals keinen Lärm mehr erzeugen würden, könnten Arbeitsstätten mit Freizeitanlagen und Wohnen wieder zu städtischen Quartieren verbunden werden. Zwar „nicht wie früher, Manufaktur unten, Schlafzimmer im ersten Stock“, aber mit Hinblick auf eine größere Flächenqualität, die ein gewisses „Standort-Image“ möglich machen. Stefan Kreft