Bremer Swing neu erleben

■ Big-Bandig: Swim Two Birds spielten auf der Breminale ein gutes, neues Programm Zugekifft und vollgedröhnt – danke, TUI! Christo ist überall! Links: UrDrü, verpackt. Mitte: Scherf, verpackt. Rechts: Koschnick, auch verpackt

Die auffälligste Neuerung bei Swim Two Birds ist Sänger Gu, der zum einen mindestens der dritte Sänger der Band sein müßte und zum anderen bislang eher als DJ oder Rapper in Erscheinung trat. Auf der Breminale überraschte er nun mit echten Crooner-Qualitäten. Zwar trugen seine Texte mit all ihren Binnenreimen und Wortspielereien deutlich die Handschrift eines Rappers, aber Gu nutzte den dichten Sound der Band, um die Worte in Melodien zu dehnen und zu strecken.

Das geht durchaus mit der rezenten musikalischen Entwicklung der Band einher. Mehr Swing, mehr Bigband, weniger von der Unberechenbarkeit, die eingangs in Form von „Salomon Grundy“, einem mindestens sechs Jahre alten Stück der Band, noch einmal vorgeführt wurde. Der Sinn für musikalische Brüche und die Zusammenführung unterschiedlicher Stilistiken in einen Sound ist der Band um Achim Gätjen allerdings auch in den neuen Stücken, aus denen das Programm vom Donnerstag bestand, nicht abhanden gekommen. Herzlich und ohne Hemmungen wird vermengt, was an Einflüssen so vorhanden ist. Der Twang-Sound des Velvetone-Gitarristen Tammo Lüers ebenso wie die avancierten Eskapaden des Saxophonisten Ralf Benesch und des Trompeters, dessen Namen ich nicht mehr weiß oder auch das druckvolle Getrommel Achim Färbers, der ja bis vor kurzem bei Joachim Witt dienen mußte. Achim Gätjen übt sich derweil anscheinend mehr und mehr in der Funktion des Bandleaders, trug zwar zu den präzisen Bläsersätzen bei, ließ sich aber solistisch eher lumpen, stand lieber mit Sonnenbrille da und induzierte mit Understatement den Rhythmus.

Die Handsome Harry Company aus Eindhoven zeigte im Anschluß, wie eindimensional Musik auch swingen kann. Ein tanzwilliges Publikum kam hier zwar eher zum Zuge als bei Swim Two Birds. Aber der „schöne Harry“ verließ das fest abgesteckte Gelände dieser archaischen Unterhaltungsmusik eigentlich nie. Und sogenannten Neo-Swing, wie diese Musik allen Ernstes genannt wird, haben wir auch schon mit etwas mehr Biß gehört. In England soll die „Handsome Harry Company“ bereits ein veritabler Insider-Tip sein, und da wollen wir natürlich nicht im Weg stehen. Aber Swim Two Birds waren eindeutig die aufregendere Band. Schön, daß es sowas in Bremen gibt; demnächst mal wieder mit neuer Platte. Andreas Schnell