Nichts mehr für Maurer im besten Alter

■ Der MDR sucht junge Hörer. Statt den DT 64-Nachfolger Sputnik auszubauen, soll gleich ein ganz neues Jugendradio erfunden werden

Wenn die Leipziger Bauarbeiter zu den Morning-Shows die Kelle schwingen, erklingt fast nie die Senderkennung des größten öffentlich-rechtlichen Senders. Die Maurer hören Privatradio und kein MDR. Schon gar nicht MDR life. Weil trotz aller anbiederischen Reformen die Hörerflucht zu den Kommerziellen nicht zu stoppen war, hat der MDR letzte Woche beschlossen, die Dudelwelle zum Jahresende einzustellen.

Die MDR-Hörfunkdirektion möchte auf der alten Frequenz nun eine „jüngere Programmalternative zu den bestehenden Programmangeboten in Mitteldeutschland“ etablieren.

Eigentlich hat der Leipziger Sender schon so eine junge Farbe: MDR Sputnik, bekannt als Nachfolger des DDR-Jugendradios DT 64. Doch Sputnik sendet nach wie vor nur in Halle auf UKW – also fast unter Ausschluß der mitteldeutschen Öffentlichkeit. Zwar beendeten die drei MDR-Länder vor kurzem ihren langwierigen Streit darüber, ob das Jugendprogramm auf UKW senden darf oder nicht. Ergebnis: Sputnik wurden neben Halle sogar UKW-Frequenzen in Sachsen und Thüringen versprochen. Aber zu einer Ausbreitung im MDR-Sendegebiet wird es wohl nicht mehr kommen. Soeben haben die Leipziger beschlossen, Sputnik zum Internetradio umzustalten. Die populären UKW-Frequenzen werden somit wohl nicht mehr gebraucht.

Da wechselt der bisherige Sputnik-Chef Michael Schiewack lieber die Welle. Als Leiter des neuen, noch namenlosen MDR-life-Nachfolgers soll er nun die Zielgruppe bis „maximal 30 Jahre“ (MDR-Pressesprecherin Susan Knoll) herbeischaffen.

Die Maurer im besten Alter würde der MDR mit dieser Neuordnung endgültig der privaten Konkurrenz überlassen. Im Sender steht gegen einen solchen programmlichen Rückzug aus dem Grundversorgungsauftrag zumindest der Hörfunkausschuß. „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn der MDR mit einem neuen Programm die Gruppe der 30- bis 50jährigen aus seinem Programmangebot faktisch ausklammerte“, meint Ausschußvorsitzende Jürgen Kriesch (SPD). Finanziell wäre der Rückzug aus dem Massengeschäft dagegen kaum schädlich. Über die ARD-Werbung könnte der MDR trotzdem aus privaten Boulevardradios indirekt zu Geld kommen. Schließlich vermarktet die ARD-Werbung Teile der privaten Konkurrenzprogramme. Christian Rohde