Neue Töne im Nahen Osten

Bauchpinseln in Alexandria: Beim israelisch-arabischen Gipfel bemühten sich Barak und Mubarak mehr um die Atmosphäre als um Ergebnisse   ■  Aus Kairo Karim El-Gawhary

„Ich habe große Hoffnungen, daß Mister Barak den Friedensprozeß vorantreibt“, ließ sich Ägyptens Präsident Hosni Mubarak nur entlocken und bat um Nachsicht. „Gebt dem Mann etwas Zeit – vielleicht zwei Monate.“ Sein Gast, der neue israelische Ministerpräsident Ehud Barak, revanchierte sich für die Höflichkeit: „Mubarak wird uns helfen, wann immer es nötig ist.“ Eine für arabisch-israelische Gespräche ungewöhnliche Bauchpinselei. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak und Israels neuer Premier Ehud Barak wollten nach der Abwahl des Hardliners Benjamin Netanjahu offensichtlich bei ihrem ersten Treffen in Alexandria einen neuen Ton anschlagen. Das ist ihnen gelungen. So ging Barak auf arabische Befürchtungen ein, daß er eine Verhandlungsseite gegen die andere ausspielen könnte, etwa mit Syrern zu verhandeln und die Palästinenser zunächst im Regen stehenzulassen.

Er wolle auf allen Verhandlungsschienen gleichzeitig beginnen, ließ er verlauten. Indirekt gab er auch zu, daß die Frage des israelischen Rückzugs aus dem Südlibanon unmittelbar mit der Frage der Verhandlungen mit Syrien verbunden ist. Er sprach von „zweieinhalb Verhandlungsschienen“, die es nun anzugehen gelte: Der palästinensischen, der syrischen und der mit der syrischen Frage verbundenen halben Schiene des Südlibanon.

Am Sonntag wird Barak den Palästinenserchef Jassir Arafat treffen, am Mittwoch ist ein Treffen mit dem jordanischen König Abdallah angesagt, und anschließend steht eine Konsultationsvisite in Washington an. Erst dann, so Barak gestern in Ägypten, werde er in der Lage sein, das weitere Vorgehen genauer zu planen.

Hinter den Kulissen dürfte es bei Baraks erster Schnupperreise allerdings etwas konkreter und mitunter härter zur Sache gehen. Die arabischen Erwartungen sind hoch. Etwa, was die Frage der Verhandlungen mit Syrien betrifft. Damaskus fordert, wieder dort anzuknüpfen, wo die Verhandlungen kurz nach der Ermordung Jitzhak Rabins aufgehört hatten. Im Grundprinzip war man sich damals einig: Rückgabe des Golan und im Gegenzug ein israelisch-syrischer Friedensvertrag. Nach syrischen Angaben waren damals 80 Prozent aller Probleme gelöst worden. Der damalige syrische Verhandlungsführer und syrische Botschafter in Washington erklärte denn auch diese Woche, daß das Ganze nur noch eine Frage von Monaten sein könnte. Im Wege standen damals hauptsächlich die vom damaligen israelischen Verhandlungsleiter des Komitees für Militärfragen, Ehud Barak, geforderten Sicherheitsgarantien: entmilitarisierte Zonen, die Abrüstung der syrischen Armee und der Aufbau von Frühwarnstationen. Die syrische Position dazu ist seitdem gleichgeblieben. Sie fordern Gleiches auf beiden Seiten und keine Sicherheitsgarantien auf Kosten der Sicherheit des anderen.

Auch die Palästinenser haben eine lange Tagesordnung für Barak. Hauptknackpunkt wird dabei sein, was noch vor den Endverhandlungen zu geschehen hat. Die Palästinenser fordern einen weiteren substantiellen israelischen Truppenrückzug aus dem Westjordanland, den Stopp des Siedlungsbaus oder -ausbaus und die Freilassung der palästinensischen Gefangenen.