Wall: Gefährliche Fracht

■ Im Vorfeld der 200-Jahrfeiern der Wallanlagen wird der Wallgraben saniert / 1,5 Meter dicke Faulschlammschicht / Neue Uferbefestigung erfordert Entenleitern

PassantInnen fällt es seit Tagen auf: Ein Schiff schwimmt auf dem Wallgraben Höhe Bischofsnadel. Seltsame Schläuche, an blauen Schwimmkörpern aufgehängt, winden sich durchs trübe Naß. Angler ziehen zur Zeit leere Haken aus dem Wasser, und wer wie gewohnt Enten füttern möchte, wird das altbackene Brot nicht los. Nichts ist, wie es war. Nur Aufmerksame entdecken, daß überall an der Uferkante kleine hölzerne Entenleitern angebracht wurden. Tatsächlich wird das ganze Gewässer samt Uferbefestigung derzeit „generalüberholt“. Hintergrund: Im Jahre 2002 begeht Bremen den 200. Geburtstag der Wallanlagen. Und aus diesem Anlaß wird das Terrain „auf Vordermann gebracht“.

Vier bis viereinhalb Millionen Mark wird das Projekt kosten, „Sondermittel“, wie Dieter Heuer, Bezirksingenieur Innenstadt bei Stadtgrün Bremen, betont. Fast 50 Jahre lang habe sich eine bis zu 1,50 Meter dicke Schlammschicht am Grund des Gewässers angesammelt. Keine ungefährliche Fracht. Polyaromatische Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle liegen in bedenklichen Konzentrationen vor. Insgesamt werden jetzt geschätzte 10.000 Kubikmeter Schlamm mit Hilfe des schwimmenden Saugbaggers an Land gepumpt, gepreßt und auf eine Sondermülldeponie gefahren. Zu diesem Zweck werden die Fische aus dem jeweils behandelten Teilstück abgefangen und der Wasserspiegel anschließend gesenkt.

Eine schweizer Firma, die Diethelm Umwelttechnik AG aus Samstagern, bringt das technische Know How für die Sanierung mit. „Saugspülverfahren“ nennt sich die Methode, den Schlamm aufzuwirbeln und durch zehn Zentimeter dicke Schläuche an Land zu fördern. Steine, aber auch Fahrräder und anderer Müll wurden schon vorher aussortiert. Auf das Faulschlammproblem wurde man übrigens aufmerksam, als im vorletzten Winter im Wallgraben ein großes Fischsterben anbrach. Daß dagegen so wenig Enten zu sehen sind, hängt dagegen mit einer Entenkrankheit zusammen, die 80 Prozent des Bestandes einfach hinwegraffte.

Sind alle sanierungsrelevanten Maßnahmen vollzogen, wird das Gewässer selbstverständlich wieder mit Fischen besetzt. Und auch Enten wird es wieder geben. „Das ist zwar aus unserer Sicht nicht so erwünscht“, schränkt Dieter Heuer ein und denkt an das viele Futter, das von den Vögeln nicht aufgenommen wird und im Wasser „vergärt“. Doch man könne die alten Damen und Kinder ja nicht enttäuschen, die zum Entenfüttern herkommen.

Die neue Uferbefestigung aus Holz und Schotter stellt leider für die Enten ein erhebliches Problem dar. Sie kommen nicht mehr aus dem Wasser. „Dafür haben wir jetzt Trittleitern gebaut,“ beruhigt der Sprecher des Umweltressorts, Holger Bruns. Und fügt mitfühlend hinzu: „Die wollen ja nicht 24 Stunden lang schwimmen!“

BuS