Ein afrikanisches Heldenleben

■ Chefe Ali, führender General in Uganda, war kein großes Licht, aber sein Leben war eine typische afrikanische Kriegerkarriere. Ein Nachruf

Berlin (taz) – Er war der Held, unumstritten. Beim großen Fest stolzierte der schlaksige Chefe Ali umher wie ein Pfau und ließ sich sogar zu einem kleinen linkischen Tänzchen hinreißen. Als Militärkommandant von Norduganda war er ja nicht nur für Krieg zuständig. „Ein Soldat ist ein bewaffneter Politiker“, erklärte der Brigadegeneral seinen Besuchern in der Stadt Gulu, ganz cool.

Das war vor knapp fünf Jahren, als Chefe Ali gerade in den Norden Ugandas entsandt worden war. Er sollte der Rebellenbewegung „Lord's Resistance Army“, die die Zivilbevölkerung terrorisierte, den Garaus machen. Als alter Guerillakämpfer wußte Chefe Ali, wie Guerilleros operieren. Seine Rebellenkarriere ging bis ins Jahr 1976 zurück, als in Uganda Idi Amin regierte.

Damals stieß Chefe Ali, der damals noch seinen richtigen Namen Elia Mwine trug, als 22jähriger zur Untergrundgruppe „Nationale Rettungsfront“ (Fronasa) unter Yoweri Museveni. Er rannte dafür von der Hochschule weg, „weil ich überall um mich herum Ungerechtigkeiten sah“, wie er später in einem Interview erzählte: „Ich sah, daß die vielen Befreiungskriege Afrikas nach Uganda kommen mußten.“

Wie viele rebellische Afrikaner baute Chefe Ali seine Karriere in der Fremde. Er lebte im Tansania des Julius Nyerere und in den Basen der mosambikanischen Befreiungsbewegung Frelimo. Die heutigen Mächtigen von Simbabwe, Uganda und Ruanda sind alle bei Mosambiks Frelimo in die Schule gegangen. Chefe Ali war damals nur ein kleines Licht, aber seine Karriere ist um so typischer. Er gehörte zu der Generation ostafrikanischer Militärs, die ohne Abenteuer nicht leben können.

Als Yoweri Museveni 1985 zur Machtergreifung in Uganda ansetzte, war Chefe Ali einer seiner wichtigsten Brigadekommandanten. Er stieß vom Westen her auf die Hauptstadt Kampala vor. Im Januar 1986 fiel die Hauptstadt. Museveni wurde Präsident. Chefe Ali blieb Soldat. Im Juli 1994 kam er nach Gulu, wo er die Taktik der Rebellenzeit gegen die LRA-Rebellen anwenden sollte. „Ich begann, mit den Leuten zu reden, um sie auf meine Seite zu ziehen“, erklärte er damals der taz, überlegen grinsend im Schatten des Baumes vor seiner Hütte im Militärcamp.

Da Chefe Ali Militär geblieben war, anstatt in die Politik zu gehen, konnte er die Philosophie der Museveni-Regierung von Uganda – die in Afrika seither Schule gemacht hat – selten unmißverständlich darlegen. „Indem wir kämpfen, sehen die Leute, was gut ist“, sagte er. Die Regierung darf das Volk nie vernachlässigen, sondern die Beziehung zwischen Führern und Volk muß so sein wie zwischen Hirte und Vieh. Demokratie ist dabei hinderlich: „Wenn Sie mich wählen, lähmen Sie mich. Dann muß ich machen, was Ihnen gefällt. Aber ich will nicht machen, was Ihnen gefällt, sondern was ich für richtig halte.“

Den Krieg gegen die LRA gewann er damit nicht. Aber im August 1996 wurde Chefe Ali zum Stabschef der Armee befördert. Wenige Monate später begann Ugandas Armee erstmals, regulär die Landesgrenzen zu überschreiten und half der zairischen Rebellion von Laurent-Désiré Kabila beim Sturz Mobutus. Im Januar 1998, nach dem Sieg, wurde Chefe Ali von dem viel jüngeren James Kazini abgelöst. Aber als Uganda im Sommer 1998 eine neue Rebellion gegen Kabila unterstützte, war Chefe Ali wieder an vorderster Front. Die letzten Monate verbrachte er tief im Kongo, beim Training frischer Rebellen.

Am Freitag ist Chefe Ali 45jährig an einem Fieberleiden gestorben. Die Regierung nannte ihn ein „leuchtendes Beispiel“ und ließ seinen Körper öffentlich aufbahren. Heute wird er in seinem westugandischen Heimatdorf Bugima-Burunga beigesetzt. Und Uganda bleibt ein Land im Krieg. Dominic Johnson