Revolte light in der SPD

■  Noch ein Papier: 13 junge Bundestagsabgeordnete fordern Abkehr von ideologischer Nabelschau und „neues Handeln“. Jusos sind pikiert: „Verhalten von Klassenstrebern“

Hamburg/Berlin (dpa/AP/taz) – Nach jungen Grünen-Politikern begehren nun auch Nachwuchskräfte in der SPD auf. Noch ist nicht ganz klar, ob es sich dabei lediglich um einen Sturm im Wasserglas oder eine ernsthafte Revolte handelt. In einem sechsseitigen Papier unter der Überschrift „Aufbruch nach Berlin“ wünschen 13 Bundestagsabgeordnete eine Modernisierung der Partei. Die „Youngster“ um die Hessin Nina Hauer (31) und den Thüringer Carsten Schneider (23) fordern von Schröder, „daß neues Denken in neues Handeln mündet“.

Wie der Spiegel berichtet, soll der Aufruf mit einer Attacke gegen weite Teile des Partei-Establishments verbunden sein. Für die mittlere Funktionärsebene der SPD sei die ideologische Nabelschau „fast schon Politikzweck“, heißt es in dem Papier der jungen Genossen. Gleichzeitig verlangen sie ein Ende der „lähmenden Auseinandersetzungen darüber, was in der SPD links oder rechts ist“.

Carsten Schneider, einer der Verfasser des Papiers, erklärte, es handele sich nicht um einen „Richtungsstreit, sondern um einen Realitätsschock in der Partei“. Man sei noch weit davon entfernt, Ideen in der Regierung auch umzusetzen. Als Beispiel nannte er das Gerangel um die Rente. Änderungsvorschläge würden bereits in der Partei niedergemacht. „Wir brauchen aber Reformen in allen Bereichen.“ Die jungen Sozialdemokraten, die nicht mit den Jusos in einen Topf geworfen werden wollen, erwarten von Schröder, „daß er die Auseinandersetzung in der Partei sucht und maßgeblich organisiert“.

Die SPD-Fraktion wiegelte gestern erst einmal ab. Man kenne zwar den genauen Inhalt des Papiers noch nicht, der Vorgang selbst sei jedoch nichts Besonderes. Von einem Aufbegehren gegen das Partei-Establishment könne keine Rede sein, hieß es aus der Fraktion. Die SPD pflege einen intensiven Diskussionsprozeß: „Wir formulieren viele Ziele.“ Die Forderung, die Diskussion über das „Schröder/Blair-Papier“ zu institutionalisieren, sei ohnehin schon erfüllt. Die Parteispitze hat dazu bereits mehrere interne Arbeitsgruppen eingesetzt.

Die Jusos dagegen reagierten pikiert auf die Thesen. Der „Versuch einer Minderheit“, die Jusos in die traditionalistische Ecke zu stellen, „ähnelt dem Verhalten von Klassenstrebern“, sagte Juso-Vorsitzender Benjamin Mikfeld.

Die jugendliche Erneuerungsbewegung steht allerdings noch auf schwachen Füßen. Von einer neu formierten „Youngster“-Gruppe kann keine Rede sein. „Youngster“ ist, so die Auskunft der SPD-Fraktion, die Bezeichnung für die Gruppe der unter 40jährigen. Das seien rund 40 Bundestagsabgeordnete. Unterschrieben haben bis jetzt nur dreizehn. Georg Gruber