Shakespeare an Languste

■ Die Company feierte mit 300 Gästen im Bürgerpark ein Sommerfest und bescherte ihnen ein Davon-kannst-Du-den-Enkeln-erzählen-Erlebnis

Welkes Gras kräuselte sich unter nackten Füßen, kunstvoll gestaltete Servietten mutierten zu Kopfbedeckungen, und Hunderte von BremerInnen trauten sich ohne Regenschirmabsicherung gleich für mehrere Stunden ins Freie.

Ein Wunder nennt man das hierzulande. Schon sprießen Legenden aus dem verdörrten Boden, vom Jahrhundertsommer wird gemunkelt, und die glückliche Shakespeare Company sonnt sich in dem Wissen: Ohne die Erinnerung an sie wird die zukünftige Erzählung vom legendären „Summer of '99“ unvollständig sein.

Trüb graute der Januarhimmel, als die wagemutige Idee entstand, anläßlich des Endes der 15. Spielzeit ein halbes Jahr später mitten im Bürgerpark ein Sommergastmahl unter freiem Himmel abzuhalten. „Gewünscht haben wir uns 300 Gäste, gutes Essen an weiß gedeckten Tischen und blauen Himmel“, erzählte zum Auftakt Company-Mitglied Peter Lüchinger freudestrahlend 300 Gästen, die an der Melcherbrücke im Bürgerpark unter blauem Himmel an weiß gedeckten Tischen freudestrahlend gutes Essen in sich hineinschaufelten. Unter ihnen nicht ohne Grund auch Helga Trüpel, Horst Werner Franke, Bernt Schulte und Henning Scherf, die als SenatorInnen für das Wohl und Wehe der Shakespeare Company von entscheidender Bedeutung waren und sind. Die gestern offiziell aus dem Kultursenatorinnenamt geschiedene Bringfriede Kahrs suchte nicht nur Peter Lüchinger vergebens.

Während sich das Publikum bei kochendem Rotwein und sonnengetoastetem Fladenbrot über die Vorspeise hermachte, spielte die Company die Lieblingsszenen jenes SenatorInnenquartetts, begleitet von der nachdrücklichen Bitte an den neuen Kultursenator Bernt Schulte (CDU), der Shakespeare Company doch beizeiten eine neue Spielstätte auf dem Teerhof zu organisieren. Der Herr Schulte versprach, darüber seine schüttere Stirn in Falten zu legen, erging sich anschließend in charmanten Redescharmützeln mit dem gut aufgelegten Horst Werner Franke und lachte auch da, wo die Company in einem schönen kleinen Stück die kürzlich abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen verscheißerte. Größenwahnsinnige hasenzähnige Christdemokraten, den positiven Kräften verpflichtete SPDler, penetrant heulende Grüne und humpelnde Liberale ohne Biß – für wahr, das sind die Charaktere, die die Politk im Lande Bremen gestalten!

Im Anschluß an die Verspeisung von Hähnchenkeulen auf Reis und Langusten widmete sich das vielköpfige Shakespeare-Company- Ensemble der Liebe. Ein Reigen aus deprimierten Akkordeonspielern, lebensunlustigen Nazis, eisernen Jungfrauen und Narren, die vortrefflich mit dem Pimmel über die Liebe zu philosophieren wußten, führte wechselweise amüsant und tragisch in die zahllosen Abgründe des Liebeswahns. Ein paar klassisch gebildete Flüche und die musikalische Einlage von Sebastian Kautz, die das Stammhirn wie Schiffszwieback zerbröseln ließ, veranlaßten die Sonne zum Untergang.

Der Wein kühlte sich wieder ab, Klezgoyim sorgte für jüdische und osteuropäische Unterhaltungsmusik, und in der anbrechenden Dunkelheit tanzten viele gutgelaunte Frauen und wenige gutgelaunte Männer auf den provisorischen Brettern, die die Welt bedeuten, den Nachtisch weg. Ein schöner, ein netter, ein geradezu legendärer Abend im legendären Summer of '99. zott