Ende der innerparteilichen Demokratie?

■ Grüne: Die scheidenden Landesvorstandssprecher wollen den Öko-Fonds und drei von fünf Kreisverbänden abschaffen, um Geld für einen hauptamtlichen Parteiführer zusammenzukratzen.

Die Parteiführung der Bremer Grünen macht sich unbeliebt: Der scheidende Landesvorstand hat in einem Papier unbequeme Vorschläge gemacht, wie die Arbeit der Basis-Vertretung in Zukunft umzuorganisieren ist. Um für die Zukunft einen hauptamtlichen Landesvorstandssprecher zu finanzieren (derzeit zwei ehrenamtliche), sollen drei von fünf Kreisverbänden aufgelöst und der Ökofonds Bremen ersatzlos gestrichen werden.

Mit einem hauptamtlichen Sprecher soll, so hoffen die derzeitigen Sprecher Hucky Heck und Kathrin Kummerow, der Einfluß der Partei auf die Bürgerschaftsfraktion der Grünen wachsen. Bis Ende Juli sollen 40 ausgewählte Grüne Stellung zu dem Papier nehmen. Am 18. September soll die Landesmitgliederversammlung über die Vorschläge abstimmen und einen neuen Vorstand wählen – Heck und Kummerow werden nicht mehr kandidieren.

Die Junggrünen Jan Fries und Jan Köhler machen nun mobil gegen diese Vorschläge. Bis Mittwoch versuchen sie, so viele UnterstützerInnen wie möglich zusammenzutrommeln, die ihre Unterschrift unter ein ebenfalls fünfseitiges Papier setzen. Unter dem Arbeitstitel „Ab in die Mitte? Wir sind doch nicht blöd!" sammeln die Autoren Argumente gegen die Position der abtretenden Garde. Der Vorschlag, einen hauptamtlichen Sprecher zu installieren, werten die beiden und eine wachsende Zahl von UnterschreiberInnen als Versuch, dem bisherigen Beisitzer Jörg Hutter einen Job zu verschaffen. Hutter zog nach der Bürgerschaftswahl wegen seines schlechten Listenplatzes nicht ins Parlament ein. Außerdem fürchten die zwei, daß auf dem Weg der Strukturdebatte auch der bisherige Landesgeschäftsführer Björn Weber aus seinem Job „weggeekelt“ werden soll, um Platz für ein neues Gesicht zu machen.

Überhaupt stelle der Landesvorstand mit seinem Thesenpapier „die falschen Fragen“, finden Fries und Köhler. Denn der Krise, in der die Partei steckt, sei mit einer Strukturdebatte nicht beizukommen. Vielmehr würden sich die Machtstrukturen an der Frage neuordnen, ob die Partei weiter „Ab in die Mitte“ driftet oder immer noch an „Links ist die Alternative“ glaubt. In den vergangenen Jahren habe der Vorstand es nicht geschafft, innerparteiliche Debatten zu organisieren und die Forderungen der Basis an die Bürgerschaftsabgeordneten heranzutragen. Wenn in Zukunft nur noch ein Kreisverband in Bremerhaven und in Bremen-Stadt existieren sollte, werde die Debattenkultur eher noch weiter geschwächt als gestärkt. Gerade in den Kreisverbänden nämlich sei Platz für übergreifende Debatten, die so in den Stadtteilgruppen nicht geführt werden könnten.

Auch bei einem Treffen der SprecherInnen der Kreisverbände am Samstag stieß das Heck/Kummerow-Papier auf wenig Gegenliebe. Wolfram Sailer vom Kreisverband Mitte/Östliche Vorstadt schimpft auf die „Kronprinzenregelung für Hutter“ und die „Kommunikationsunfähigkleit“ von Hucky Heck: Der Streichungsvorschlag sei in keiner Weise mit den Kreisverbänden vorabgestimmt worden. Außerdem sei der Arbeitsauftrag an Heck und Kummerow gewesen, alle Vorschläge für eine Neustrukturierung zu sammeln und nebeneinander zu stellen. Nun aber werde einseitig die Professionalisierung des Vorstandes gepusht.

Ob mit den Maßnahmen von Heck und Kummerow überhaupt genug Geld in die Kasse kommt, um eine ganze Stelle zu finanzieren, bezweifelt indes der Ex-Kassenwart der Partei, Günther Dey. Auch die „periodisch aufkommenden Ideen der Fledderung des Öko-Fonds würden im übrigen die Finanzierbarkeit von Profi-Vorständen nicht ermöglichen“, schreibt Dey an den Vorstand. Derzeit wird der 1983 gegründete und aus Diäten finanzierte Fördertopf noch als einer der „wenigen staatsunabhängigen Förderer alternativer Projekte“ gelobt. Dazu kommt, erinnert Dey, daß kein Landesvorstand „der auch nur annähernd unsere Größe hat“ angestellte Vorstandsmitglieder habe. Auf Bundesebene werde ein solches Ansinnen der immer noch subventionierten Bremer auf wenig Akzeptanz stoßen. Deys Rat: In die Vorschläge sollten keine unnötigen Energien gesteckt werden. Sie seien in Bremen „nicht sozialverträglich und auf Bundesebene gibt's mit Sicherheit deftige Empörung“. Christoph Dowe