Berichtigung

Hört sich erst einmal nicht schlecht an für unsereins. Der Beruf, der Frauen das höchste Ansehen bei Männern verschafft, ist – Sie müssen gar nicht dreimal raten, Sie ahnen es schon: Journalistin. Ha, einmal was richtig gemacht im Leben. Oder?

Für Frauen selbst genießt der Beruf der Rechtsanwältin den größten Status. Denn Frauen haben Achtung vor Berufen, in denen man selbständig arbeiten und Verantwortung tragen kann. Sagt eine aktuelle Umfrage der Zeitschrift Freundin. Männer wiederum behaupten Respekt vor Berufen zu haben, in denen Frauen Durchsetzungsvermögen gepaart mit Weiblichkeit zeigen.

Falls dies die richtige Interpretation des vorangegangenen Satzes sein sollte: Durchsetzungsfähig und sexy hört sich entschieden besser an als selbständig und verantwortungsbewußt. Sind wir nicht ständig verantwortlich? Für den Haushalt und die Neurosen der Kinder? Bei genauer Überlegung freilich folgt der vielversprechenden Respektbezeugung die Enttäuschung unausweichlich auf dem Fuß. Unsereins meinen die bestimmt nicht. Es geht, wenn überhaupt, um die Nachrichtenfrauen im Fernsehen; und da man befürchten muß, daß auch Talkshows als Journalismus gelten, vermutlich um Verona Feldbusch.

Gesehen muß man werden, auch gehört, aber gelesen? All diese Weiblichkeit, ach, die unsereins mit Durchsetzungsfähigkeit paart, liest sie sich denn überhaupt? Die Theoretikerin des Abjekten, also des Verworfenen und des Verstoßenen, die von uns hiermit krude als Theoretikerin von Verona Feldbusch im Bereich des Journalismus vereinnahmte Julia Kristeva sagt nein. Sie läßt sich nicht lesen, weil sie sich nicht schreiben läßt. Le vréel (Wahrheit und Wirklichkeit) der Weiblichkeit lallt. Tanzt, singt, wird und ist verrückt. Das funktioniert selbstverständlich nur im Fernsehen. Die Schrift dagegen behauptet das Gesetz des Vaters. Das hat man nun (auch Kristeva übrigens) von Lacan.

Wahrscheinlich wurde das Fernsehen für die Journalistin erfunden. Schaut man sich statt Petra Gerster den sauertöpfischen Klaus Peter Siegloch in den ZDF-Nachrichten an, ist man jedenfalls davon überzeugt. In seiner besten Form kommt dieses Medium nicht im Journalisten, sondern in der Journalistin zu sich selbst.

Das läßt sich sehen. Und wenn unser Autor Ulf Erdmann Ziegler recht hat, daß es „eine bestimmte Aufmerksamkeit für die Physiognomie und das Körperbild von Frauen gibt, die dabei sind, das kulturelle Gefüge umzuschichten“, wobei „die Unwiderlegbarkeit des Einflusses zunimmt, wenn das Instrument des Ausdrucks der Körper selbst ist“, dann wundert es uns nicht, daß wir hier gar nichts umwälzen.

Freilich sind wir, wenn schon nicht durchsetzungsfähig und weiblich, so doch durchsetzungsfähig und naiv, also Klugscheißer, und wissen es schon vorher: Spricht der Körper, so spricht ach! schon der Körper nicht mehr. Vergleiche, Schiller, Friedrich. Siehe auch Kristeva, Julia. bw