Ideenschmiede Bauernhof

■ Die Vorschau: Auf dem Künstlerinnenhof „Die Höge“ feiert die Stimmperformerin Hilde Kappes am Freitag die Premiere des Musikkunstwerkes „Pipes and Vibes“

Immer weniger ist der Künstlerinnenhof „Die Höge“ aus dem Kulturbetrieb wegzudenken. Und schon gar nicht aus der Reihe der Frauenfestivals – was nicht für die Besucher gilt!

Die 1995 gegründete „Höge“, über die wir schon mehrfach berichteten, hat eine Geschichte, die wie ein Märchen klingt. Als die Grundschullehrerin, Tänzerin und Tanzpädagogin Barbara Reinhart vor einigen Jahren Geld erbte, erfüllte sie sich zusammen mit der Ärztin und Performancekünstlerin Barbara Baum einen Traum.

Nach einjähriger Suche kauften sie den Hof im Süden von Bremen, um hier ein interdisziplinäres Zentrum für jährlich zehn bis zwanzig Künstlerinnen aufzubauen. Und das in allen Formen und für alle Sparten: von individuellen Konzerten und Ausstellungen über gemeinsame Arbeitswochen bis zu mehrmonatigen Studienaufenthalten sollte hier alles möglich sein – „Die Höge“ ist ein bundesweit einmaliges Projekt.

Die jährliche interdisziplinäre Höge-Produktion im Sommer entsteht nun zum vierten Mal. In den wunderschönen Gartenanlagen steht die 300 qm große Scheune, in der dieses Jahr unter der Leitung der Stimmperformerin Hilde Kappes das absurde Musikkunstwerk „Pipes and Vibes“ geboren wird.

Bei den Proben schauen Kühe zu, und für die Bauern sind die Künstlerinnen längst gern gesehene Gäste. Hilde Kappes und ihre Kolleginnen schätzen die freie und großzügige Atmosphäre, die ihnen hier geboten wird. „Wir haben uns um nichts zu kümmern, es ist einmalig“, schwärmt Birgit Kratzheller aus Darmstadt, die als bildende Künstlerin das Bühnenbild gestaltet. Dafür hat sie eine eigene kleine Werkstatt zur Verfügung. Sie baut und montiert riesige Röhren, und welche erstaunlichen Töne daraus kommen können, hat sie erst hier erfahren.

Die ersten Röhren hängen schon neben einer Babytragetasche. Darin liegt die fünf Wochen alte Tochter von Beatrice Graf aus Genf und schläft bei dem Krach in aller Ruhe: ihre Mutter ist Schlagzeugerin. Wenn sie dann doch schreit, ist immer irgendjemand bereit, sie ins Tragetuch zu nehmen. An diesem Vormittag auch ich, als eine Trioprobe zwischen Hilde Kappes, Salome Buser (Gesang und Schlagzeug) und Beatrice Graf in eine entscheidende Phase eintritt.

Die Videokünstlerin Fiona Léus aus Mainz streicht erst einmal durch die Landschaft, durch Himmel, Wälder und Getreide, filmt dann und bespielt mit ihren Aufnahmen später den Raum: „Ich schneide schon mit der Kamera, deswegen muß ich ganz viel gucken“.

Die beiden Tänzerinnen Giordana Pascucci aus Rom und Irene Cottichio aus London schlagen in der Scheune erstmal die Nägel weg, die sie beim Tanzen stören. An einen Balken sind die Arbeitsergebnisse der ersten Tage gepinnt: „Es sind so unglaublich viele Ideen entstanden, es ist nach drei Wochen an mir, zu entscheiden, was am Aufführungsabend in welcher Länge stattfinden wird“. Hilde Kappes möchte nach jahrelanger Soloarbeit „wieder mehr Leute um mich haben. Der entstandene Kult um meine Person, das bin ich nicht“. Der war nicht vermeidbar bei der Künstlerin, die aus ihrer Lust, Stimmen zu imitieren und Geräusche zu produzieren, Performances von unvergleichlicher Poesie und Komik gezaubert hat.

Ute Schalz-Laurenze

Aufführungstermine des Musickunstwerkes „Pipes and Vibes“: am 16. und 17. Juni um 20 Uhr auf dem Künstlerinnenhof Höge. Anfahrt: Über die Bundesstraße 6 Richtung Syke, dann Richtung Bassum nach Högenhausen fahren. Weitere Informationen über das Stück sowie Kartenvorbestellungen sind unter Tel.: 04249/13 77, Fax 13 22 möglich