Grüne: Kurth und Bielka versagten

■  Grüne werfen den Finanzstaatssekretären vor, beim umstrittenen Verkauf des Stadtgutes Stolpe Alarmsignale übersehen zu haben. Untersuchungsausschuß kurz vor Abschluß

Die Grünen werfen der Großen Koalition vor, die Verantwortung der beiden Finanzstaatssekretäre für den umstrittenen Verkaufsvertrag des Stadtgutes Stolpe herunterzuspielen. Der grüne Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau sagte gestern, die Staatssekretäre Peter Kurth (CDU) und Frank Bielka (SPD) hätten versagt. Im Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den der Ausschuß gestern bei Redaktionsschluß noch beriet, werden die Staatssekretäre nach Auskunft der Grünen hingegen entlastet.

Der Untersuchungsausschuß soll klären, wer für den Verkaufsvertrag der 2,4 Millionen Quadratmeter großen Stadtgüterfläche an den ehemaligen Springreiter Alwin Schockemöhle verantwortlich ist. Der Verkauf war gestoppt worden, nachdem der zu geringe Kaufpreis von 2,4 Millionen Mark im Herbst 1997 an die Öffentlichkeit gekommen war.

Die beiden Staatssekretäre haben im Untersuchungsausschuß zu Protokoll gegeben, daß das Grundstücksgeschäft von Mitarbeitern der Verwaltung ohne Wissen der politischen Spitze betrieben worden sei. Nach Ansicht des grünen Abgeordneten Burkhard Müller-Schoenau hatten die Staatssekretäre aber Hinweise auf das umstrittene Geschäft und reagierten nicht. So habe Stadtgüterchef Demetre Zavlaris noch vor der Unterzeichnung des Vertrags Staatssekretär Bielka auf den Verkauf hingewiesen. Bielka habe dann den zuständigen Staatssekretär Kurth darauf hingewiesen, so Müller-Schoenau. Bei Kurth sei zudem eine Petition eines Pächters eingegangen, der sich wegen des anstehenden Verkaufs beschwerte. „Zu einem Zeitpunkt, als alle Alarmglocken hätten klingeln müssen, haben sie nicht reagiert“, sagte Müller-Schoenau.

Weitaus zurückhaltender bewertete gestern der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Winfried Werner (CDU), die Verantwortung der Staatssekretäre. Das Gespräch, in dem Stadtgüterchef Zavlaris den Staatssekretär Bielka auf den bevorstehenden Verkauf hingewiesen habe, habe nur zwei Minuten gedauert. Es sei bei der Befragung von Zavlaris im Ausschuß nicht klargeworden, ob die Brisanz des Vorgangs in der kurzen Zeit vermittelt worden sei.

Müller-Schoenau erklärte, Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing sei nichts vorwerfen. Sie habe von dem umstrittenen Kaufvertrag erst nach Vertragsabschluß erfahren. Nach Ansicht von Müller-Schoenau trägt eine – inzwischen verstorbene – Mitarbeiterin der Finanzverwaltung die Hauptverantwortung für das umstrittene Grundstücksgeschäft. Sie habe „in betrügerischer Absicht gehandelt“, so Müller-Schoenau. „Sie hat der Bauverwaltung bewußt falsche Informationen für die Wertermittlung des Grundstücks gegeben.“ Die Motive seien unklar, da der Untersuchungsausschuß die Mitarbeiterin nicht mehr habe befragen können. Verantwortung trage auch der Gruppenleiter, der mit den Kaufverhandlungen „überfordert“ gewesen sei, so Müller-Schoenau. Wäre der Wert des Grundstücks von vorneherein richtig ermittelt worden, hätte der Staatssekretär persönlich verhandeln müssen, weil der Wert bei über 10 Millionen lag.

Die Finanzverwaltung hatte den Kaufvertrag am 28. August 1997 abgeschlossen, ohne daß ein Wertgutachten der Bauverwaltung vorlag. Als vorläufiger Kaufpreis war der Preisvorschlag des Käufers eingesetzt worden. Darüber sollte aber noch nachverhandelt werden.

Werner wies die Vorwürfe der Grünen zurück, der Untersuchungsausschuß werde übereilt zu Ende gebracht. Die Grünen hatten kritisiert, daß der Abschlußbericht in nur einer einzigen Sitzung beraten werden sollte. Weite Teile des Berichtsentwurfs seien erst in der vergangenen Woche eingegangen, die letzten beiden Seiten gestern morgen. Nach einjährigen Beratungen bestehe kein Grund zur Hektik. Das Parlament wird bei seiner Sitzung am 9. September über den Abschlußbericht beraten. Dorothee Winden