Über die Sammlung

■ Der taz-Autor Ulf Erdmann Ziegler beschreibt in „Fotografische Werke“ ein Medium im Wandel, der bis ins Museum geführt hat

Ein Museum für Fotografie, das im Jahr 2000 gegründet werden soll, wie könnte es aussehen? Wenn der taz-Autor Ulf Erdmann Ziegler in der Einführung zu seinem aktuell erschienenen Buch „Fotografische Werke“ explizit auf diese Frage eingeht, führt sie direkt zum titelgebenden Begriff. Denn nicht einfach Fotos, kostbare Prints oder einzelne Bilder, signiert mit großen Namen, machen die Fotografie aus, die man einem qualifizierten Publikum im eigens dafür geschaffenen Rahmen vorstellen möchte. Vielmehr geht es um fotografische Werke: Projekte, Serien, Installationen, komplexe Arbeiten, die oftmals fotografiert wurden, nur um in Büchern zu erscheinen.

Wer sagt, so fragt Ziegler, „daß der Fundus eines Museums zwangsläufig auf fotografischen Prints basieren muß?“ Daß man genausogut mit Büchern beginnen könnte, ist nur einer seiner anregenden Vorschläge, wie Fotografie und in welchen Museen sie zu präsentieren wäre.

Die Flughafenbilder von Fischli/Weiß will er im gleichen Gebäude sehen wie ihre Trompe-l'oeil-Interieurs, und Günther Förgs Fotografien müßten sich dann in der Nachbarschaft eines Anselm Kiefer bewähren. Eben weil sie von ihrem Werkcharakter hierher und nicht ins Fotomuseum gehören.

Das Buch „Fotografische Werke“ selbst kann als Katalog eines denkbaren Museums der Fotografie verstanden werden; einer – wie sich im Verzeichnis der aufgeführten Künstler und Fotografen zeigt – höchst interessanten, spannungsreichen Sammlung fotografischer Werke. Selbst Karl Lagerfeld könnte vertreten sein, freilich nur mit der einzigen Serie von Fotografien seiner Pariser Adressen.

Wie auf der Karteikarte des Sammlungskatalogs sind die Arbeiten in briefmarkengroßen, freilich hervorragend gedruckten Bildern repräsentiert. „Fotografische Werke“ ist also kein aufwendiger Bildband, sondern ein Arbeitsbuch. Die Texte, selbst eine überarbeitete Sammlung zuvor publizierter Artikel für Kataloge, Zeitschriften und Zeitungen, erklären, wie die Werke beschaffen sind, wie sie sich herleiten und worauf sie sich beziehen; sie verdeutlichen, warum Fotografie – als fotografisches Werk – einen so starken Einfluß in der Gegenwartskunst gewann.

Nach der Lektüre ist dem Leser klar, warum gerade heute die Gründung eines Museums für Fotografie eine diffizile Aufgabe ist. Schwieriger, als es sich diejenigen vorstellten, die das Zentrum für Fotografie in Berlin als Schnellschuß planten und sich jetzt doch auf ein Langzeitunternehmen werden einlassen müssen. Mit Helmut Newtons Sammlung, anders als der Öffentlichkeit suggeriert, ist noch kaum etwas getan.

Brigitte Werneburg

Ulf Erdmann Ziegler: „Fotografische Werke“. DuMont Buchverlag, Köln 1999, 144 Seiten, mit teils farbigen Fotos, kartoniert, 39,90 DM