Gorleben-Moratorium ohne Entschädigung möglich

■ Atomkraftgegner befürchten allerdings, daß der Atomstandort durch den Ausbau der Bahnstrecke bis zum Zwischenlager zementiert wird. Kritik auch am Umweltministerium

Hannover (taz) – Die Eigentümer des Salzstocks Gorleben wollen eine weitere Genehmigung für den Endlagerbau durch Klagen verhindern. Der Inhaber der Abbaurechte für den südlichen Teil des Salzstock, Andreas Graf Bernstorff, forderte gestern in Hannover eine sofortigen Stopp der Erkundungsarbeiten in Gorleben.

Das von der rot-grünen Bundesregierung schon für das Frühjahr versprochene Moratorium beim Endlagerbau könne sofort und entschädigungsfrei erlassen werden, sagte Bernstorff. Das habe ein Gespräch der Inhaber der Salzrechte, zu denen auch zwei Kirchengemeinden aus dem Landkreis zählen, mit dem Bundesamt für Strahlenschutz ergeben.

Wie die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg und die niedersächsischen Landtagsgrünen befürchten sie allerdings, daß der Atomstandort Gorleben durch den Bau einer neuen Eisenbahnstrecke von Dannenberg bis zum Gorlebener Zwischenlager zementiert werden könnte. Für einen direkten Gleisanschluß des Zwischenlagers setzt sich der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling ein. Die BI kündigte bereits entschiedenen Widerstand gegen diesen „Ausbau der Atominfrastruktur im Wendland“ an.

Als Inhaber der Gorleber Salzrechte haben sich Graf Bernstorff, der Umweltpfarrer des Landkreises Lüchow-Dannenberg und die den Salzabbau in Gorleben vorbereitende Salinas Salzgut GmbH bereits im April an Bundesumweltminister Jürgen Trittin gewandt und das versprochene Gorleben-Moratorium eingefordert. Nach ihren Angaben ist dieser Brief bis heute unbeantwortet geblieben. Das Bonner Umweltministerium hatte allerdings schon Ende des Frühjahrs erklärt, es habe ein Konzept für eine Unterbrechung der Arbeiten erstellt, das keine Entschädigung für die Vorleistungen der AKW-Betreiber vorsieht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) wollen das Moratorium zum Bestandteil des gerade vertagten Energiekonsenses machen.

Inzwischen stehen jedoch Entscheidungen über die weiteren Genehmigungen des Endlagerbaus auf der Tagesordnung. Spätestens bis Ende August muß das Bundesamt für Strahlenschutz in Hannover einen neuen Hauptbetriebsplan für das Endlager beantragen. Außerdem ist über eine Verlängerung des grundlegenden Rahmenbetriebsplanes zu entscheiden, der Ende des Jahres ausläuft.

Es gebe „nur ein kleines Zeitfenster, um das Endlagerprojekt Gorleben zu stoppen“, sagte Bernstorff. Das Moratorium müsse deswegen unabhängig von den Energiekonsensgesprächen erlassen werden. Gegen eine Verlängerung des Rahmenbetriebsplanes, der auch den südlichen, Bernstorff und den Kirchen gehörenden Salzstockteil als Endlagergelände vorsieht, will die Salinas GmbH klagen. Jürgen Voges