Attraktive Aufsässigkeit

Wie einst John und Olivia: Die High-School-Schmonzette Grease will frischen Wind in den 50ies-Muff bringen  ■ Von Karin Liebe

Eine Erfolgsstory der Superlative: Als Bühnenmusical lief Grease von 1972 an über sieben Jahre am Broadway – so lange wie keine andere Broadwayshow. Außerdem ist Grease der erfolgreichste Musicalfilm aller Zeiten. Bis heute zählt der 1978 gedrehte Streifen zur Top-Twenty-Riege der meistverkauften Filmvideos. Und trotzdem, wer in Rowohlts Lexikon des Internationalen Films unter Grease nachschlägt, findet dort nur Grease 2, den „musikalisch uninteressanten und inszenatorisch einfallslosen Aufguß“ des Originals. Grease 1 steht eklig eingedeutscht unter Schmiere. Und passend dazu bekommt der Film im Fifties-Look auch prompt sein Fett weg: „Die parodistischen Ansätze der Vorlage werden zugunsten eines bunten Nostalgie-Spektakels fast völlig verschenkt.“

Und was erwartet uns heute, über 20 Jahre später, mit dem Neuaufguß der Erfolgsstory am Schauspielhaus? Freche Parodie oder fade Nostalgie? Oder ganz 'was anderes? Produzent Wolf-gang Bocksch, der zuletzt die California Dream Men mit viel nackter Haut durch Europa touren ließ, setzt bei der Hamburger Inszenierung auf die Kombination von Bewährtem und Neuem. Als Regisseur hat er David Gilmore engagiert, einen erfahrenen Mann, der schon seit vier Jahren für die Londoner Grease-Produktion verantwortlich ist. Bei der Choreografie bringt er zwei Newcomerinnen ins Spiel: Die jungen Kalifornierinnen Carla Kama & Melissa Williams. Für The Artist Formerly Known as Prince haben sie schon Pep in die Bühnenshow gebracht. Ihr „moderner Blick der Videoclip-Generation“ soll frischen Wind in den Muff der fünfziger Jahre bringen.

Eine Retronummer war Grease schon immer – auch vor zwanzig Jahren, als John Travolta in die Fifties sprang. In schwarzer Jeans, schwarzer Lederjacke und blütenweißem T-Shirt schlenderte der Beau mit laszivem Wiegeschritt durchs Filmmusical. Sein sexy Gang war der Höhepunkt an Erotik. Garantiert jugendfrei die Sexszenen, garantiert pubertär die Dialoge. Aber was soll's. Fun und Outfit und Verknalltsein, das sind die klebrig-süßen Zutaten dieser Highschool-Schmonzette.

Worum geht's? Außer an Mädchen zeigen die Jungs vom Abschlußjahrgang der Rydell High School auch noch Interesse an Autorennen, Rock'n'Roll und coolem Auftreten. Am coolsten sind die „Burger Palace Boys“. Ihr Wahrzeichen: Eine gelfrisierte Haartolle. Anführer Danny (John Travolta) verliebt sich in den Sommerferien am Strand in ein braves Mädchen namens Sandy (Olivia Newton-John) und schmilzt in ihren Armen wie Softeis dahin. Doch zurück in der Schule, markiert er wieder den starken Mann, und die arme Sandy wendet sich enttäuscht von ihm ab. Zunächst einmal. Bis sie von den „Pink Ladies“ zu wilden Pyjamaparties im Babydoll eingeladen wird und ihre ordentlich mit einem Haarreif zurückgekämmte Frisur in eine wilde Lockenmähne verwandelt, kullert so manches Tränchen. Doch zum Schluß hat sie genau das wohldosierte Quentchen Aufsässigkeit dazu gewonnen, das sie für Danny attraktiv macht.

Zwischen Liebeskummer und Liebesfreuden wird kräftig gesungen: Ohrwürmer wie „Summer-nights“, „Hopelessly Devoted To You“ und „You're The One That I Want“ verquirlen geschickt das Rock'n'Roll-Feeling der Fünziger mit dem Disco-Fieber der Siebziger. Ob der Kick in die Neunziger auch gelingt? Auf jeden Fall vermeidet die Inszenierung am Schauspielhaus das Sprachkuddelmuddel der deutschen Filmfassung von Grease. In Hamburg wird nicht nur auf englisch gesungen, sondern auch gesprochen – und getanzt. Denn die meisten Mitglieder des Ensembles kommen aus den USA.

Preview: heute, 20 Uhr, Schauspielhaus, bis 29. August