Werdersee-Party versaut

■ Schabernack oder Sabotage: Sven durfte am Werdersee nicht feiern, weil dahinter eine politische Veranstaltung vermutet wurde / Behörde: Absage war eine Fälschung

Eigentlich wollten Sven D. und seine Freundin Ilka M.* mit ihren Freunden Geburtstag feiern. Sechzig Menschen waren eingeladen, am 2. Juni unter freiem Himmel am Werdersee im lauen Sommerwind ein oder zwei oder drei Brauereigetränke zu sich zu nehmen. Beim zuständigen Sportamt hatte Sven eine Genehmigung eingeholt, um an einen Toilettenschlüssel zu kommen und um Streß mit der Polizei zu vermeiden. Alles hätte so schön sein können – doch am Vormittag des Feiertags bekam Sven einen Anruf auf Maloche.

„Sportamt“, meldete sich eine Stimme und bat um die aktuelle Fax-Nummer. Denn die Genehmigung für die Party müsse leider widerrufen werden. Verduzt gab Sven die Nummer preis. Wenig später hielt er ein Schreiben in der Hand: Man habe in den letzten Tagen schlechte Erfahrungen mit „Verletzungen durch Glassplitter, Dosen o.ä. scharfe Gegenstände“ gemacht – Großveranstaltungen seien derzeit zu untersagen. „Des weiteren“, strebte der Text seinem Höhepunkt zu, „ging aus einem Schreiben des Polizeipräsidiums – S74 –, Herr Weber, vom 25.06.1999 Bedenken hervor, daß es sich bei o.g. genehmigter Feier um eine politische Veranstaltung handeln könnte, welche auf diesem Gelände generell verboten sind.“ Unterschrieben war das Fax von der Mitarbeiterin, die zwei Wochen vorher die Genehmigung erteilt hatte.

Nun verhält es sich zwar dergestalt, daß Sven ziemlich links eingestellt und aktiv ist – aber eine politische Veranstaltung, beteuert er glaubwürdig, hätte das Get-Together am See nun wirklich nicht werden sollen. Nur auf Verdacht hin eine Geburtstagsfeier zu untersagen – das war gemein!

Als die Frau wenig später anrief, um die Ankunft des Faxes zu überprüfen, ging die Verbal-Kabbelei los. „Zuerst waren wir ganz ruhig“, erzählt Sven, „in Behördendeutsch teilte sie mir mit, daß das ein Bescheid sei. Die Nichtbeachtung werde geahndet.“ Zehn oder zwanzig Sätze später, der Ton hatte sich erhitzt, legte die Frau wutentbrannt auf, Sven schluckte. Im Lauf des Nachmittags wurden vierzig von sechzig Leuten ausgeladen, Ilka und Sven feierten in einer kleinen Wohnung eine Ersatzparty. „Es drängt sich der Verdacht auf, daß linksorientierte Menschen nicht nur politisch, sondern auch privat diskriminiert und in ihrem Lebensraum eingeschränkt werden“, empört sich Sven später. Doch ein Anruf bei der zuständigen Sachbearbeiterin macht aus der Aufreger-Geschichte eine skurrile Nummer.

„Die Unterschrift ist von mir, aber geschrieben habe ich das nicht“, sagt die Mitarbeiterin. Ergo: „Eine Fälschung.“ Eine ziemlich gute dazu. Vom Briefkopf bis zum Schrifttypus stimmt alles. Sogar das Datum der Genehmigung ist richtig angegeben. Nur: Am 2. Juli war die Sachbearbeiterin gar nicht im Dienst. Und einen Polizisten Weber gibt es bei der „S74“, der tatsächlich zuständigen Polizeiwache Neustadt, nicht. „Wir gehen der Sache auf den Grund“, verspricht die freundliche Frau dem gehonepiepelten Sven, dem die Stimme der richtigen Sachbearbeiterin auch fremd vorkommt, „ich bin genauso überrascht wie sie“. Jetzt ermittelt die Kripo wegen der Fälschung.

Die Sommerfrage lautet: Wer versaute die Werdersee-Party von Sven und Ilka? Die Genehmigung wird in der Regel der Polizei, dem DLRG, dem Toilettenbetreiber und Stadtgrün vorgelegt – eine Menge Orte also, die den Schriftwechsel kannten. Eine Mobbingaktion im elfköpfigen Sportamt wird allerdings ausgeschlossen. Jetzt gehen Sven und Ilka im Kopf alle Feinde durch, die man so haben könnte als linksaktiver Mensch. cd

*Namen geändert