Elendes Stereotyp

betr.: „Ein Argument für eine große Koalition“ von Stefan Reinecke, taz vom 10./11. 7. 99

1. Die „Rentenfrage“ rückt nicht „ins politische Zentrum“, weil „alte Leute auf Sicherheit bedacht“ sind – elendes Stereotyp –, sondern weil die Folgen der demographischen Veränderung, die sich schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts abzeichnete, von der Classe politique standhaft ignoriert worden sind. So hat sich die Lebenserwartung in den Industrieländern zwischen 1890 und 1990 mit einem Anstieg von 40 auf 74 Jahre fast verdoppelt. 1946 wurden in D mehr Kinder geboren als 1997. 1950 betrug der Anteil der 60jährigen an der Gesamtbevölkerung 14,6 Prozent, 1997 war er auf 21,8 Prozent gestiegen.

2. Die Rente ist „eine Art Kompensation, die die juvenile Gesellschaft für die Alten zahlt“ und damit „symbolisiert, daß die Gesellschaft die Alten nicht vergißt“. Das ist Humbug. Die Rentenversicherung ist eine Pflichtversicherung, kein „Kompromiß zwischen Alten und Jungen“. Nur wer in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, kriegt was raus. Die Beiträge werden nicht „von den Jungen“ bezahlt, sondern von zirka 50 Millionen abhängig Beschäftigten, Hausfrauen, Selbständigen und Freiberuflern zwischen 14 und 64 Jahren. Antje Rudorf, Hanne Schweitzer,

Büro gegen Altersdiskriminierung e. V., Köln