■ Mit dem Naturschutz auf du und du
: Keine Priorität

Berlin (taz) – Bislang herrschte von der Bundesregierung in bezug auf Naturschutz Funkstille. Selbst in der grünen Fraktion war Naturschutz kein Thema – Ökosteuer und Atom beherrschten die Umweltdebatte vollkommen. Auch Umweltminister Jürgen Trittin hat sich bislang fast nur um Atompolitik gekümmert.

Dabei hat Rot-Grün in seinem Koalitionsvertrag zwei wichtige Beschlüße zum Naturschutz gefaßt. Erstens soll das Naturschutzgesetz überarbeitet werden mit dem Ziel, „Flächennutzung künftig natur-, umwelt- und landschaftsverträglich zu gestalten“. Zweitens solle ein „Biotopverbundsystem“ auf „circa zehn Prozent der Landesfläche“ geschaffen werden. Nach Einschätzung von Experten müßten dazu die Naturschutzflächen nahezu verdoppelt werden. Wie das genau aussehen soll, darüber gibt es noch keine Konzepte. Klar ist aber, daß Deutschland noch immer zuwenig Schutzflächen international angemeldet hat und damit weder seinen Verpflichtung gegenüber der EU noch gegenüber der UN – gemäß der Biodiversitätskonvention – nachgekommen ist.

Doch zumindest der Referentenentwurf für die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes ist in Arbeit. Anfang 2000 soll er offiziell vorgelegt werden. Bereits die ehemalige Umweltministerin Angela Merkel war daran gescheitert, das Gesetz zu novellieren. Hauptstreitpunkt war die Frage, wieviel Ausgleich für Landwirte oder Förster, deren Arbeit durch Naturschutzauflagen eingeschränkt wird, gezahlt werden soll – und vor allem wer zahlen soll: der Bund oder die Länder. Das Agrarministerium hatte es unter der alten Regierung stets verstanden, so hohe Entschädigungsleistungen für die Bauern in den Gesetzentwurf zu drükken, daß die Bundesländer am Ende nicht mehr zustimmen wollten.

Auch auf den grünen Umweltminister wird dieses Problem wieder zurollen – Naturschutz ist beileibe kein Schmusethema. Das ist auch Trittin bewußt. Gleichzeitig, räumt Trittin ein, herrsche „höchster Erwartungsdruck“ aus der Naturschutzszene an ihn. Doch der Bundesumweltminister gibt sich optimistisch: Die Beispiele in Brandenburg zeigten, daß Naturschutz gepaart mit einer wirtschaftlichen Perspektive wie etwa Tourismus erfolgreich sei. Naturschutz sei eben nicht gleichzusetzen mit eingezäunten Schutzgebieten. „Diese öffentliche Wahrnehmung muß überwunden werden.“ urb