Querspalte

■ Unser Hund

 Als freier Journalist kauft man sich morgens ein Medienpaket aus verschiedenen Zeitungen. Dann verlangt man eine Quittung, um nicht als Penner zu gelten, sondern als seriöser Medien- und Dienstleistungsverbrecher mit Sonnenbrille, setzt sich an den Schreibtisch, überfliegt die Nachrichtenlage und resümiert beispielsweise, daß die Nachrichten eher ins Negative tendieren: „8 Millionen Deutsche leiden an Depressionen“ (Bild); „Lebensgefahr durch Giftalgen – kleine Hunde können sterben“ (B.Z.).

 Tags zuvor waren die Nachrichten besser. Irene Kopper, „Noch-Ehefrau“ (FR) von Banker Hilmi Kopper, gab sich lyrisch, nachdem bekanntgeworden war, daß ihr Mann ein unzüchtiges Verhältnis mit „Das eiskalte Biest. Ihre Paraderolle“ (Spiegel-Online), kurz: Brigitte Seebacher-Brandt, führt bzw. pflegt: „Ich wein' nicht mehr / Mein Mann ist nicht mehr da / Aber unser Hund ist bei mir.“

 Ein tolles Gedicht! Die Massierung einsilbiger, Trauer signalisierender Wörter, die gegen Ende zweimal entschlossen zweisilbig unterbrochen wird, transzendiert den Geldsackverlust sehr gelungen im souveränen Artefakt, das den Verlust in der Anbindung an das, wenngleich auch kulturierte, Naturwesen „unser Hund“ aufhebt, ohne ihn doch feige zu leugnen. Für den Hilde Domin-Preis sollte das eigentlich reichen.

 Die Benno Martiny-Medaille für ein zu allem entschlossenes, schabernackorientiertes Alterswerk bekommt jedoch der jünger wirkende Alt-68er Dieter Kunzelmann, der vorgestern nacht öffentlich aus einem Überraschungsei stieg, um sich den Wachtmeistern zu stellen, die ihn sodann ins Gefängnis verbrachten. Gegen seinen Lieblingsfeind Diepgen will K. nun nicht mehr kandidieren. Wahrscheinlich aus Abscheu, neben Diepgen auf einem Wahlzettel zu stehen. Detlef Kuhlbrodt