■ Urdrüs wahre Kolumne
: Überhaupt nicht Wilhelmshaven

Als das grüne Projekt startete und noch nicht als Plattform möglicher Schnöselkarrieren ausgewiesen war, gehörte neben der Rotation als Instrument gegen das erbärmliche Dasein des Berufspolitikers auch der aus den Diäten zu finanzierende Ökofonds zu jenen Ingredienzen, die es dem hartgesottenen linken Parlamentarier schwer machten, seine Prinzipien hochzuhalten. War es nicht fast eine Form der revolutionären Umschichtung, im berühmt-berüchtigten Schweinesystem per Abgeordnetengehalt und Fraktionszuschuß abzukassieren, um aus der Knete dann die Aktion „Sonnenblumen im Hinterhof“, vegetarische Ernährung für Gefangene aus der Stadtguerilla oder auch die neue Inszenierung des Umweltkasper zu finanzieren? Gelegentlich kam dann ja schon mal raus, daß manche Mandatsträger lieber Bares akkumulieren als mit ihrer Knete Bewegungen stimulieren wollten, aber das konnte man noch lässig als Beleg dafür wegstecken, daß auch im neuen Menschen noch der alte Adam steckt. HUCH GOTT! Jetzt fang ich auf meine alten Tage noch an, mich in der wenig geschätzten Technik des schneidigen Kommentars zu üben, und das nur, weil die abtretenden Landesvorständler noch einem Kumpel hauptamtliche Versorgung sichern wollen: Kann man doch verstehen, klar – aber das euer Tun und Lassen mich für einen kleinen Moment in Versuchung geführt hat, die Menschen mit einem Kommentar zu langweilen: Das nehme ich übel!

Zur Eröffnung einer Anlage zur Herstellung von löslichem Kaffee muß natürlich auch der Herr Bürgermeister bemüht werden, aber wenn der kleine Thomas heute in der Großen Annenstraße Geburtstags-Party macht, kommt der volkstümliche Henning nicht mal zum entkorken der ersten Mineralwasserflasche vorbei: Schmerzlich vermisst man bei solchen Gelegenheiten eine sozial gestaffelte Gebührenordnung, mit der sich jeder mal zehn Minuten Scherf oder 25 Minuten Perschau leisten kann: Damit könnte nicht nur ein Reptilienfonds für besondere Ausgaben gespeist werden, sondern auch der Marktwert der einzelnen Politiker wäre zuverlässig ablesbar. Für zwanzig Mark zum Beispiel würde ich glatt den Jens Eckhoff mal zum Rasenmähen bei Peter Dahl vorbeischicken, und der Camping-Profi Konrad Kunick käme mir zum Entfachen des Holzkohlegrills gerade recht.

Die nicht nur von mir heißgeliebte Asyl-Aktivistin Gigi hat sich angesichts der verfassungsrichterlichen Fürsorge zum Wohl der Legehenne entschlossen, das Lied „Ich wollt, ich wär ein Huhn“ als eingängigen Song für Menschen in Abschiebehaft umschreiben zu lassen. Gemeinsam mit ihr rufe ich alle Nachwuchslyriker im Lande auf, entsprechende Texte auf diese Melodei zu verfassen: Wenn der Titel dann noch von Klaus & Klaus, vom Buchtstraßenchor oder auch von der famosen Hilde Kappes in einer hafenkonzert-kompatiblen Version einstudiert wird, dürften wir dem Konzept „Freie Flüchtlingsstadt Bremen“ schon wieder ein Stück näher gekommen sein.

Am Tag des großen Gewitters sitzt man beim besseren Italiener auf der Terasse und lässt es sich ausnahmsweise mal bei Putenbrust auf Salat und gut gekühltem Weizenbier wohl sein. In diese kulinarische Idylle hinein macht sich plötzlich der unbekannte Herr vom Nebentisch bemerkbar, nickt mir freundlich zu und verblüfft mit der Feststellung „Hier sieht es überhaupt nicht aus wie in Wilhelmshaven“. Solchen Menschen/ könnte ich ohne Bedenken/ nicht nur eine Kachel vom Ofen schenken / sondern auch mein Vertrauen bei fast jeder Wahl.

Ansonsten ist die sommerliche Hitze überhaupt nichts für

Ulrich „Eisbär“ Reineking