Der Burgergipfel von Köln

■ Welt- und Provinzpolitiker als willige Werbeträger

Köln (taz) – Jahrein, jahraus tröten die Kölner bekanntlich „mer losse den Dom in Kölle“, und fordern damit, die Kirche im Dorf zu lassen. Diese leckere Portion Provinzialismus schlägt sich natürlich auch in den Kölner Medien nieder: Kein Tag, an dem Stadtanzeiger oder Express nicht mit Schlagzeilen aufmachten, in denen „Köln“ oder „die Kölner“ nicht vorkämen; „Köln im Griff der Russenmafia“ oder „Kölner im Aralsee ertrunken“.

Manch Geist, der auch noch über die Grenzen der Stadt hinausblickt, war deshalb ganz froh, daß es während des „Kölner“ EU-Gipfels im Juni zwar kurzfristig so aussah, als würde Slobodan Miloševic einknicken, dann aber doch noch ein paar Tage länger der Nato trotzte. Das kostete einige Menschenleben mehr, verhinderte jedoch, daß künftig ganze Generationen „vom historischen Kölner Frieden“ reden. Für den G-8-Gipfel, der wenige Tage darauf ebenfalls in Köln stattfand, war's dann zu spät. Danke Slobo, danke, danke, danke!

So blieb Köln und den Kölnern lediglich der Zipfel einer Erinnerung an ein paar politische Gipfel – und Kölns Oberbürgermeister Norbert Burger sowie dessen möglichen Nachfolger Klaus Heugel ein Foto. Das zeigt die SPD-Kommunalkommandanten devot dienernd hinter Bill Clinton, als der sich gerade ins Goldene Buch der Stadt einträgt. Und weil es für Burger und Heugel offenbar nichts Schöneres gibt, als mit der mächtigsten Fönfrisur der Welt abgelichtet zu sein, haben sie sich das Bild gleich vergrößern lassen, um es ganz Köln zu präsentieren – in Form von Postern, die sie allüberall in der Stadt plakatieren ließen. Unter den Abzügen steht wörtlich: „Köln in guten Händen.“ Das Bild soll wohl suggerieren „Seht, Kölner Bürger, durch mich, euren provinziellen Oberbürgermeister, und durch mich, euren möglichen künftigen Oberbürgermeister, seid ihr mit einem der größten Kriegsherrn aller Zeiten verbunden – und mit der ganzen Weltpolitik, auch wenn wir uns stets diskret im Hintergrund halten ...“ Um es auf eine kurze Formel zu bringen: Burger-Fresser plus Burger gleich bekömmlicher Oberbürger. Oder ist doch wieder einmal alles ganz anders? Will Burger gar nicht Heugel, sondern Clinton zu seinem Nachfolger machen? Soll er, Clinton, demnächst nicht nur die USA regieren, sondern seine schützenden Hände auch über Köln halten? Und wenn, wann wird er dann Ministerpräsident von NRW? Will der „Ami“ gar das Erbe von Bruder Rau antreten und eines Tages Bundespräsident werden? – Who knows, but if, it would be the first step to Burger-Krieg!

Angesichts solch mißverständlicher Wahlplakate ist es schön, daß es in Nordrhein-Westfahlen keine Fünfprozent-hürde mehr gibt. Der Konkurrenzdruck könnte Burger, dessen potentiellen Nachfolger und ihre gemeinsamen Qualkampfhelfer wieder zu etwas Stil zwingen. Wunder wirken könnte allerdings auch schon ein Spaziergang, vielleicht zu jenem Kölner Optiker, vor dessen Geschäft ebenfalls ein Poster wirbt – für besonders billige Brillen und Kontaktlinsen: Darauf lächelt – ohne Clintons Hilfe, aber durch eine bescheidene Sehhilfe hindurch – ganz weltmännisch Finanzminister Hans Eichel. Unwissenheit um seine Rolle als Werbeträger in der Provinz oder bewußt kalkulierter Nebenverdienst? Ein weiterer pekuniärer Bungeeman à la Bangemann?

Eichel soll bereits Rechtsmittel eingelegt haben. Wir bleiben dran. Björn Blaschke