■ Mit dem UNDP-Bericht auf du und du
: Bitte eine Bit-Steuer

Berlin (taz) – Diese Nachricht dürfte die Belgier freuen: Die UN-Organisation für Entwicklung (UNDP) hat Belgien in der menschlichen Entwicklung höher bewertet als Deutschland. In ihrem alljährlichen „Bericht über die menschliche Entwicklung“ steht Belgien auf Platz fünf, Deutschland belegt lediglich Platz 14. Den Rang ermittelt UNDP über den „menschlichen Entwicklungsindikator“, in den unter anderem die Lebenserwartung, Gesundheitsvorsorge und Bildung einfließen. Was für ein glücklicher Zufall, daß der Bericht vor den Dioxin- und Cola-Skandalen herauskam.

Die weiteren Aussagen des Berichtes sind weniger lustig. Seit 1990 gibt UNDP den Bericht heraus, und seitdem warnen die Experten vor den Folgen der Globalisierung vor allem für die armen Menschen. Es gibt zwar einzelne Verbesserungen: Die Lebenserwartung in den armen Ländern ist gestiegen, die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren von 149 auf 85 pro Tausend gesunken. Auf der anderen Seite haben die drei reichsten Männer der Welt, darunter Bill Gates, mehr Geld auf ihren Konten als das Bruttosozialprodukt aller Staaten zusammen, in denen die 600 Millionen ärmsten Menschen leben. Die meisten dieser Staaten befinden sich auf dem afrikanischen Kontinent.

Um Arme zu treffen muß Bill Gates jedoch nur vor die eigenen Haustür gehen. In den USA leben laut UNDP 20 Prozent der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze.

Trotz der weltweiten Armut

wird mehr Geld in die Forschung nach kosmetische Arzneimittel gesteckt, als in die Entwicklung dürreresistenter Pflanzen. Aber nicht nur so werden Entwicklungsländer benachteiligt. Sie müssen sogar um ihre Wissensressourcen fürchten: Die Inder benutzen seit Jahrhunderten Curcuma zur Wundheilung. Darauf wollten amerikanische Forscher ein Patent anmelden. Erst die Vorlage einer alten Schrift, die die indische Tradition nachwies, konnte sie davon abhalten. Im anderen Fall hätten die Inder teuer für die Nutzung der „Entdekkung“ zahlen müssen.

Aber die globalisierte Welt ist nicht nur schlecht. Mit Hilfe von Internet und E-Mail war es regierungsunabhängigen Organisationen möglich, das multilaterale Investitionsabkommen (MAI) zu stoppen. Das Abkommen wäre ein Freibrief für umweltschädliche und unsoziale Industrievorhaben gewesen.

UNDP macht auch konkrete Vorschläge. Internetnutzer sollen eine minimale „Bit-Steuer“ auf versendete Daten entrichten. Hätte man 1996 weltweit eine Bit-Steuer in Höhe von 1 US-Cent pro 100 E-Mails inklusive dickem Anhang erhoben, wären 70 Milliarden Dollar zusammengekommen. Das ist mehr als die gesamte öffentliche Entwicklungshilfe der Welt. Maike Rademaker