„Gorleben-Stopp nur im Konsens“

■  Obwohl die Erkundungsarbeiten für das Atommüll-Endlager im Salzstock Gorleben ausgesetzt werden könnten, ohne daß Entschädigungen gezahlt werden müßten, wartet Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) weiter ab

taz: Anfang diesen Jahres haben Sie versprochen, die Erkundung für das Endlager Gorleben zu stoppen. Warum haben Sie das bis heute nicht getan?

Jürgen Trittin: Die Konzeption für die Unterbrechung der Erkundungsarbeiten liegt längst bei mir auf dem Schreibtisch. Sie ist geboten, weil neuere Erkenntnisse gegen die Langzeitsicherheit des Standorts sprechen und weil wir viel weniger Endlagervolumen brauchen werden als ursprünglich prognostiziert. Wir haben deswegen die Anträge auf eine Unterbrechung, die entsprechenden Betriebspläne also, vorbereitet. Die Unterbrechung ist aber Bestandteil des gesamten Konsenspaketes, kann also erst im Zusammenhang mit dem Energiekonsens umgesetzt werden.

Damals hatten Sie aber persönlich angekündigt, die Arbeiten im Endlagerbergwerk Ostern zu beenden.

Ich hatte angekündigt, daß bis Ostern die Konzeption für das Gorleben-Moratorium vorliegt. Diesen Termin haben wir dann etwas überschritten. Aber bereits seit Mai ist das Konzept fertig.

Ihre Zuhörer aus dem Wendland und viele Journalisten haben Sie anders verstanden.

Ich habe sehr genau gesagt, daß wir die Unterbrechungskonzeption zu Ostern fertig haben werden. Und die haben wir fertig.

AKW-Gegner wie Andreas Graf Bernstorff, der ja Abbaurechte am Salzstock besitzt, werfen Ihnen jetzt Wortbruch vor.

Der von mir sehr geschätzte Graf sollte sich für diese Vorwürfe die richtige Adresse suchen, nicht den Bundesumweltminister.

Was wäre denn Ihrer Meinung nach die richtige Adresse?

Die richtige Adresse ist – auch wenn es da noch mehr Beteiligte gibt – die Energiewirtschaft, mit der bisher kein Konsens zustande gekommen ist.

Warum erlassen Sie das Moratorium nicht unabhängig von den Konsensgesprächen?

Weil es insgesamt von allen Seiten den Wunsch gibt, hier Pakete zu schnüren.

Aber inzwischen ist doch klar, daß Entschädigungsansprüche gar nicht drohen.

Bei einer Unterbrechung, während der man andere Endlagerkonzeptionen untersucht, gibt es keine Vermögensverluste und deswegen auch keine Entschädigungsansprüche der AKW-Betreiber, die die Erkundung bislang finanziert haben. Im Gegenteil: Die Unterbrechung vermeidet unnötige Ausgaben.

Sie haben am Mittwoch ein Gespräch mit dem RWE-Vorstandsvorsitzenden Dietmar Kuhnt geführt. Sind Sie dabei Ausstieg, Konsens und damit auch dem Gorleben-Moratorium näher gekommen?

Dieses Gespräch hat unter vier Augen stattgefunden und bleibt auch unter vier Augen.

Die vormalige rot-grüne hessische Landesregierung soll mit dem RWE über eine baldige Stilllegung von Biblis A schon weitgehend einig gewesen sein.

Zu Konsensverhandlungen gehören sicher auch Gespräche über die notwendige sicherheitstechnische Nachrüstung oder Abschaltung einzelner Atomanlagen. Aber mit Herrn Kuhnt habe ich ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Weil wir weiterhin an einer konsensualen Ausstieg interessiert sind, werden andere Vier-Augen-Gespräche folgen. Interview: Jürgen Voges