Partei der Ältesten findet ihr Wahlkampfthema

■ Die PDS startet ihre Plakatkampagne gegen die rot-grünen Rentenpläne. Daß sie dabei die CDU-Karte spielt, stört die Partei, deren Mitglieder mehrheitlich über 60 sind, nicht

Berlin (taz) – Der junge Mann mit den krausen schwarzen Haaren und dem offenen Mund wirkt leicht betrunken, die Augen glasig, wie ein Silvesterkarpfen.

Ab Ende Juli wird man den 20jährigen Martin Haller öfter auf Deutschlands Straßen zu sehen bekommen. Als Plakatmotiv der PDS. So sieht also der linke Nachwuchs aus, roter Stern auf schwarzem T-Shirt und gibt Sätze von sich wie: „Renten müssen zukunftssicher sein. Aber auch gegenwartssicher.“ Zusammen mit Ursula Schlemm (69), Heike Werner (31) und Gregor Gysi (51) macht er sich Sorgen um seine Rente. Das Motto der Kampagne: „So nicht, Herr Schröder – wir wollen soziale Gerechtigkeit“.

Zur Präsentation der schönen neuen Bilder der Partei posieren Parteichef Lothar Bisky und Geschäftsführer Dietmar Bartsch vorm feuerroten Wahlkampfbus. Zur Pressekonferenz wird in den kleinen Konferenzsaal des Berliner Karl-Liebknecht-Hauses gebeten. Dort hängen noch Schwarzweißfotos vom „Friedenskonvoi nach Belgrad“. Während des Kosovo-Kriegs versuchte sich die PDS als einzige Anti-Kriegs-Partei zu profilieren. Ihre Rentenkampagne wirkt, als würden die Sozialisten nun die CDU-Karte spielen wollen.

„Wir schließen uns an“, erklärt Bisky mit Blick auf die sieben Millionen Protestbriefe, mit denen die Union die Rentner gegen Rot-Grün mobilisieren will. „Unsere Kritik geht aber noch weiter.“ Die PDS sei die einzige Partei, die gegen jede Art von Kürzung sei, und die einzige Partei, die sich für Verteilungsgerechtigkeit und gegen die „Umverteilung von oben nach unten“ einsetze.

Mit der Kampagne hat die PDS rechtzeitig zum Sommerloch ein nationales Wahlkampfthema für die anstehenden Urnengänge in Berlin, Thüringen, Sachsen, Brandenburg und dem Saarland gefunden. Ein Thema, mit dem die PDS bei ihrer Stammwählerschaft sicher auf breite Resonanz stoßen wird. Von den rund 94.000 Mitgliedern sind etwa 60 Prozent über 60 Jahre alt. Nur zwei Prozent der Mitglieder sind jünger als 30. Und, noch immer lebt der Großteil der PDS-Mitglieder im Osten.

Die PDS fordert denn auch, daß dort die Renten auf Jahre hinaus schneller steigen müßten, um eine Angleichung zum Westniveau zu erreichen. Es verschärfe bundesweit die soziale Schieflage, wenn die Rentner nur mit dem Inflationsabgleich abgespeist würden, erklärt Christa Luft, die Vize-Fraktionschefin der PDS im Bundestag. Die PDS propagiert eine „bedarfsorientierte soziale Grundsicherung“, ein Modell, bei dem den Rentnern eine Summe von 1.450 Mark im Monat und Wohngeld zustünden.

Christa Luft wirft der Bundesregierung den Bruch von Wahlversprechen vor und betont: „Wir sind dagegen, daß die Rente zur Manövriermasse in Wahlkämpfen wird.“ Eine Kampagne zur Rente zu machen und gleichzeitig dagegen zu sein, daß die zum Wahlkampfthema wird, ist für Lothar Bisky kein Widerspruch. Schließlich habe die SPD Versprechen gemacht und nicht gehalten. „Sollen wir als Opposition jetzt sagen, alles in Ordnung?“

Georg Gruber