Engel im Untergrund

■ Seit gar nichts mehr geht, sind alle wieder da: Eine Zimbabwe-Soli-Nacht im Kato

Nachdem die Diskussion um das Besondere der Identität in der Sackgasse gelandet war und die meisten sich in ihre kleinen, sicheren Nester zurückgezogen hatten, ging eine Weile gar nichts mehr. Seit aber gar nichts mehr geht, darf alles wieder gemischt werden. Mahide Lein, Exzentrikern, die sich mal als Engel, mal als Matrose im Underground tummelt, bringt sie auf freche und frivole Weise wieder zusammen. Sie selbst ist ein Enfant terrible und hat sämtliche Bewegungen in ihrem 50jährigen Leben bereits durchlaufen. Manche früheren Weggefährten sprechen nicht mehr mit ihr, mit einigen spricht sie nicht.

Trotzdem operiert sie wie eh und je ganz vorne an der Kreativitätsfront des Sub und organisiert ungewöhnliche Veranstaltungen, auf denen plötzlich alle wieder da sind: Lesben und Schwule, Mütter und Transsexuelle, Schwarze und Weiße, Politische und Unpolitische.

„Zimbabwe-Soli-Nacht“ heißt ihr neuer Cocktail. Als Aperitif gibt es Hirsebier, das von der Filmerin Sue Maluwa und dem Fußballschiedsrichter Kuziwa W. Zimunya gebraut wurde. Kuziwa, mit einem Berliner liiert, berichtet über die Situation der Homosexuellen in seiner Heimat. Diskriminierung ist an der Tagesordnung. Allerdings, so wird berichtet, wird der Druck von außen derzeit auch in die Bewegung selbst getragen. Schwule können nicht mehr mit Lesben, Homosexuelle in Townships fühlen sich doppelt ausgegrenzt. Irgendwie bekannt und doch anders.

Aber keine Soli-Nacht ohne Vergnügen, Versteigerung und Tanz. Musikalisch angereichert wird der Cocktail von dem französischen Duo Belladonna 9ch aus Marseille. Zwei Frauen, die TripHop und House machen und dabei eine Renaissance von Dada und Expressionismus heraufbeschwören. Dazu Texte, die das Anliegen von fast allen aus dem Zuschauerraum ansprechen: Aids, Krieg, Frauen, Armut. Unausgesprochenes Highlight des Abends aber wird letztendlich eine offene Frage sein: Wie kommt es, daß man mit einem so schönen Körper wie dem von Krylon Superstar aus New York so eklige Dinge machen kann? In Rock 'n' Roll verpackt, stellt er sich dieser Unstimmigkeit in seiner als „erotische Performance“ angekündigten Show. Die Logik des Sensationellen – als Highlight immer tauglich – entlarvt sich dabei selbst.

Waltraud Schwab

Am Sonntag, 18. 7., 21 Uhr, Kato, U-Bahnhof Schlesisches Tor, Kreuzberg