Ökolumne
: Vergiftetes Gold

■ Der Verkauf der Goldreserven fördert schädliche Abbaumethoden

Der Goldpreis ist gesunken, er reagiert, wie sich das gehört, auf Angebot und Nachfrage. Der jahrhundertalte Mythos Gold, der aus diesem Metall etwas unschätzbar Wertvolles machte, ist zwar noch nicht verschwunden, aber verblaßt. Und das ist gut so. Die Gier nach Gold, tausendfach beschrieben in Büchern, Filmen, Liedern, hat in der Geschichte zuviel Schaden angerichtet, als daß man um den Verlust des Mythos trauern müßte.

In der Geschichte? So weit muß keiner zurück. Für keinen anderen Rohstoff wird heute mehr Erde bewegt als für Gold. Um eine Tonne Gold zu gewinnen, fallen drei Millionen Tonnen Abraum an. Die riesigen Krater, die so weltweit entstehen, sind allein schon ein Problem. Aber damit nicht genug: Um Gold aus dem Erz herauszulösen wird im industriellen Abbau häufig das hochgiftige Blausäuresalz Zyanid benutzt. Unfälle mit Zyanid sind verheerend. In Guyana ist 1996 das Rückhaltebecken einer Mine geborsten und verseuchte einen Fluß, aus dem Menschen Trinkwasser schöpften. In Kirgisien stürzte 1998 ein Lkw mit Zyanid in den Issyk-Kul-See und machte sein Wasser ungenießbar. Das weltweit zweitgrößte Unternehmen in der Zyanidproduktion ist übrigens die Frankfurter Degussa. Die Hunderttausende von armen Schürfern, die nur mit Hacke und Sieb arbeiten, benutzen das giftige Schwermetall Quecksilber.

Das alles ist überflüssiger Schaden. Denn gleichzeitig liegt genug Gold bei den Banken herum, um die gesamte Nachfrage zu befriedigen. Eine Nachfrage übrigens, die zu 80 Prozent aus der Schmuckbranche kommt, für Ringe und Rolex.

Seit einiger Zeit nun lösen die Zentralbanken ihre Goldbestände auf. Und es ist ein Fest für Naturschützer, wenn nun eine Mine nach der anderen schließen muß, weil die Preise nun so sinken, daß sich das Buddeln nicht mehr lohnt. Oder doch?

Zwei Gründe sprechen gegen die Vorfreude: Solange für Gold auch nur ein paar Cent pro Unze gezahlt werden, werden die entlassenen Bergarbeiter auf eigene Faust Gold schürfen, das zeigen Erfahrungen aus anderen Bergbauentlassungen in Entwicklungsländern. Es ist auch nicht anzunehmen, daß die Goldkonzerne sich einfach von ihren Minen verabschieden. Sie werden erst versuchen, ihre Gewinne durch Kostensenkung zu halten. Das geht, indem man nicht, wie in Südafrika, in die Tiefe bohrt, sondern das Erz im Tagebau fördert und praktisch bergeweise im giftigen Zyanid auswäscht. Die Zyanidmethode ist die billigste Methode überhaupt und obendrein höchst ergiebig. Die Suche nach möglichen Goldvorkommen hat nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Fian“ entsprechend nicht etwa abgenommen, sondern zu, und zwar dort, wo es wirklich billig ist: In abgelegenen Gebieten, wo die Urbevölkerung leicht vertrieben werden kann und Umweltschutzgesetze nicht greifen. In den Philippinen sind laut Fian ein Drittel der Landfläche zur Erforschung freigegeben. In Irian Jaya, dem von Indonesien annektierten Teil Westpapuas, kämpfen Ureinwohner seit Jahren verzweifelt gegen die US-Firma Freeport McMoran, die mit Zyanid eine riesige Lagerstätte mit Gold, Kupfer und Silber ausbeutet und damit die Umwelt verseucht. Das sind nur zwei Beispielen aus vielen.

Und noch etwas schmälert die Freude über den Goldausverkauf: Wenn der Weltwährungsfond IWF im Herbst, wie angekündigt, ein Zehntel seines Goldes verkauft, um den Schuldenerlaß mitzufinanzieren, dann entzieht er gleichzeitig den goldproduzierenden Ländern die Einnahmen, weil der Goldpreis sinkt. Selbst wenn der Goldpreis also langfristig so stark sinkt, daß sich nicht einmal mehr der Tagebau samt Zyanidwaschen lohnt, ist zwar der Umwelt endlich geholfen. Doch dann bleibt immer noch ein Problem für viele Entwicklungsländer: Denn oft ist der Abbau des Goldes eine wichtige Devisenquelle.

Sollte das Gold also lieber in den Kellern der Banken bleiben? Das Edelmetall wie Schrott auf den Markt zu werfen, löst offensichtlich kein Problem: weder das der Schulden, noch das der Umweltzerstörung.

Für die Goldgewinnung für Schmuck wird ein extrem schädliches Verfahren angewendet. Dieses Verfahren wäre in keinem Industrieland möglich, weil die Schäden nicht bezahlbar wären und die Umweltgesetze solche Verschmutzung verbieten. Käufer und Käuferinnen sollten sich deshalb überlegen, ob sie wollen, daß andere den Preis für ihre Verschönerungen zahlen. Maike Rademaker