Einmal Highschool und zurück

Volle Schmiere voraus: „Grease“ überzeugt im Schauspielhaus mit demonstrativer Selbstironie und aufwendiger Choreographie  ■ Von Liv
Heidbüchel

Eine Highschool-Vergangenheit zu haben, ist etwas Tolles. Auf einer Highschool ist nämlich immer Party, weswegen man irgendwie gern dorthin geht. Auf einer Highschool ist immer alles locker und witzig. Kein Vergleich mit einer deutschen Schule, wo man schon beim Sport nicht um die Liebe des Schwarms kämpft, sondern um Sieger- oder Ehrenurkunden mit der Unterschrift des Bundespräsidenten. Doch ob Highschool oder Schule – immer durchleben Teenager hier ihre erste große Liebe, an die sie sich Zeit ihres Lebens erinnern.

Auf jeden Fall all jene, die sich zur Gala-Premiere von Grease im Deutschen Schauspielhaus eingefunden haben. Das „kultigste“ aller Musicals hat sogar einen Teil des Publikums dazu verführt, goldene Schlipse oder Petticoats anzuziehen. Schließlich will man zeigen, daß man zu einer ganz exquisiten Fangemeinde gehört. Doch auch diejenigen ohne Verkleidung zeigen sich durchweg hingerissen von der Inszenierung von David Gilmore. Entscheidend für den Erfolg ist sicher die demonstrative Selbstironie, mit der diese Adaption des Musicals, das in der Filmversion mit John Travolta und Olivia Newton-John berühmt wurde, daherkommt.

Wir erinnern uns: Danny und Sandy verlieben sich während der Ferien am Strand. Mit der Romantik ist aber Schluß, als der Schulalltag beginnt. Denn Dannys lästige Lederjackenkumpels von den „Burger Palace Boys“ wollen mit so einem Firlefanz nichts zu tun haben. Die ziemlich unbedarfte Sandy findet derweil Anschluß an die coolen „Pink Ladies“. Schon bald weiß sie, was es heißt, eine echt fetzige Braut zu sein. Super, daß ein neues Outfit soviel Veränderung bewirkt. Hat sich Sandy erst einmal in die schwarzen Lack-Leggins reingeschossen, findet das Paar zusammen, ohne daß sich Danny verstellen muß. Genau.

Was aber nicht heißt, daß man auf dem Weg dahin nicht alles überzeichnen kann. Das nervtötende, unzeitgemäße Jungsbandengehabe amüsiert durch das Auswalzen dieser albernen Rolle. Genauso ist die Pyjama-Party der quietschenden Mädchen längst nicht mehr nur harmloser Teenie-Spaß, sondern ein fulminantes Gastspiel in Barbies Wohnzimmer. In diesem entsetzlichen pastellfarbenen Zuhause schwärmt eine der „Pink Ladies“ von „Freddy My Love“. Sechs Bunnies in pinkfarbenen Babydolls und puschelbesetzten Pantöffelchen unterstützen sie unter einem Herzchen-Mobilé, auf dem die Initialen des Liebsten leuchten. Das ist die Visualisierung einer Liebesapfelglasur.

Doch diese Szene ist durchaus kein Einzelfall. Richtig zur Sache geht es bei „Greased Lightnin'“. Auf drei Etagen rockt das Ensemble, in der Mitte davon zappeln die „Burger Palace Boys“ in einem roten Ami-Schlitten, von dem im Dunkeln nur noch die Paillettenverzierung zu sehen ist. Besonders bei diesen großangelegten Songs besticht die aufwendige Choreographie von Carla Kama und Melissa Williams. Aber auch die Solo-Auftritte haben ihren Reiz: Sandy (Jodi Carmeli) singt beim Hit „Hopelessly Devoted To You“ grandios und ganz ohne Planschbeckenstütze wie noch im Film. Obwohl auch die Autokino-Szene zwischen Sandy und Danny (Greg Kohout) zum Wegschmeißen ist, liefert der „Teen Angel“ den herausragenden Auftritt: Der Bühnenhimmel öffnet sich, Lamettamassen fallen herab und auf einer roten Wolke kommt der Teenager-Beratungsengel hereingeschwebt. Im bis zum Bauchnabel geöffneten silberweißen Elvis-Anzug schmachtet er „Beauty School Dropout“ .

Auch für seine acht Grazien ist die Mission klar: Geh' zurück zur Highschool! Einmal Highschool im Jahre 1959 und zurück. Wenn das finale Medley zu „We Go Together“ aufspielt, fühlen alle: So muß es sein, eine Highschool besucht zu haben.

Noch bis 29. August, Deutsches Schauspielhaus