Unglaublich: Bayern gewinnt Finale

Nicht alles läuft so rund beim FC Bayern München wie Lothar Matthäus. Immerhin hat Hitzfeld aber mit dem Ligapokal den ersten Titel verteidigt   ■  Von Katrin Weber-Klüver

Leverkusen (taz) – Vor ein paar Jahren haben anständige Fußballfans in dieser Phase der Sommerpause leicht stumpfsinnig auf dem Balkon gesessen und an den Fingern abgezählt, wann die Liga endlich wieder losgeht. Hier und da hat man sich dann praktischen Träumereien hingegeben, nämlich daß es doch echt besser wäre, Bayern, Dortmund, Leverkusen würden in ihren Vorbereitungsspielen statt gegen Weiden, Aplerbeck, Großaspach lieber schon mal gegeneinander antreten.

Seit drei Jahren ist diese Vision wider den Fußballentzug Wirklichkeit. Sie heißt Ligapokal. Ligapokal ist ein kleine „Tour durch Deutschland“ (DFB-Idee) von sechs Vereinen und am Ende gewinnt immer Bayern München. Obwohl sie es gar nicht darauf anlegen, sagt Ottmar Hitzfeld: „Wir trainieren sehr hart, wir nehmen keine Rücksicht auf die Spiele.“ Die Crux ist halt, daß Vorbereitung und Wettbewerb zwei sich gegenseitig ausschließende Begriffe sind. Entweder man bereitet sich noch vor oder man ist schon wettbewerbsreif. Eine Mischform aus beidem anzusehen, hat einen geringen Unterhaltungswert und einen überschaubaren Informationswert.

Zum Stand bei Bayern München läßt sich nach dem Ligapokal-Finalspiel gegen Werder Bremen sagen: „Stumpf.“ So sagte es jedenfalls der Trainer: „Wir waren stumpf“ und„die ersten 20 Minuten sehr schlecht“.

Was Hitzfeld aus besagten Vorbereitungsgründen nicht weiter störte und auch deshalb nicht, weil Neuzugang Paulo Sergio technisch hübsch und Michael Tarnat per Gewaltfreistoß trotzdem später zwei Tore machten, die zum Spielgewinn reichten.

Bekanntlich hat Bayern München in diesem Jahr zwei bedeutendere Endspiele verloren. Weshalb man anfing, sich zu streiten und gegenseitig schlecht zu machen. Jetzt ist daher neben physischer auch mentale Rekonstruktion gefragt. Zur Not durch einen Ligapokalfinalsieg gegen den Verein, der Bayern im richtigen Pokal genüßlich besiegt hatte. Hitzfeld sagte in Leverkusen: „Für uns war es ein wichtiger Sieg.“ Denn: „Daß wir uns Selbstvertrauen erst wieder erarbeiten müssen, liegt auf der Hand nach zwei verlorenen Endspielen.“

Und da könnte doch vielleicht so ein kleiner Ligapokalsieg, hofft Hitzfeld, wieder „für gute Stimmung“ sorgen. Psychologisch gesehen gilt: Endspiel gewonnen, ersten Titel verteidigt. Mit Interesse wird der Trainer auch studiert haben, wie eine Mannschaft zurechtkommt, der gerade ihr Korsett auseinanderfällt. Solidarisch hat sich Hitzfeld einen kleinen Hexenschuß zugelegt, weil's seine Spieler auch reihenweise irgendwo zwickt und zwackt.

Was insofern problematisch ist, als daß es ausgerechnet die wichtigsten Spieler sind, die jetzt ausfallen. Zu den schon länger angeschlagenen und rekonvaleszenten Stammspielern Kahn, Jeremies, Elber, Lizarazu gesellt sich seit dem Ligapokalhalbfinale Stefan Effenberg. Der Chef des Teams wird die nächsten sechs, sieben Wochen fehlen.

So ist der einzige altgediente Schlüsselspieler, der derzeit spielfähig ist, tatsächlich Lothar Matthäus. 38 Jahre, drei Monate und 26 Tage alt und locker in der Lage 85 Prozent Spielzeit aktiv auf dem Rasen zu verbringen. Den weiten Paß spielt er nach wie vor mit großer Begeisterung. Manchmal kommt der auch schon (oder noch) präzise vorne an, manchmal geht er aber auch schwer und unkontrolliert nach hinten los. Und wenn Matthäus gefoult wird, sieht man ihm das Alter erst recht an. Es wird augenscheinlich immer schwerer, wieder aufzustehen.

Wie gehabt ist Lothar Matthäus der freie Mann im Bayern-Spiel. Neu ist, daß Patrik Andersson hinter ihm steht, der in guten Gladbacher Zeiten nachgewiesen hat, wie souverän er eine Defensivreihe leitet. Beim Anschlußtreffer der Bremer war es aber auch Andersson, der nicht im Bilde und zu spät bei Sören Seidel war. Aber es ist ja auch noch Vorbereitung.

Lothar Matthäus nutzte die letzten Spielminuten in der Leverkusener BayArena, um am Spielfeldrand ein paar Interviews zu geben. Er stand mit dem Rücken zum Spielfeld, da war auch wirklich nichts mehr los. Matthäus sieht ohnehin nicht zurück: „Ich gucke nicht nach hinten, ich schaue nur nach vorn.“ Nach der so fulminant geführten und am Ende so fulminant verspielten Vorsaison dürfte es eine schwierige Spielzeit für den FC Bayern München werden. Sicher ist dies: Für Matthäus ist es die letzte Saison. Er will „ein gutes Jahr“. Heute findet er sich in Frankfurt ein, um mit dem DFB nach Mexiko zu reisen. Als Rekordspieler und -sieger im Ligapokal. Das ist doch schon mal ein Anfang. So zur Vorbereitung.

Werder Bremen: Rost - Baumann - Flock, Benken - Frings (60. Dabrowski), Maximow, Wicky, Eilts (60. Bogdanovic), Wiedener - Seidel, Ailton (75. Kunz)Bayern München: Dreher - Matthäus (79. Jarolim) - Andersson, Linke - Babbel, Fink, Scholl, Tarnat - Sergio, Zickler (77. Salihamidzic)- JanckerZuschauer: 13.000 Tore: 0:1 Sergio (34.), 0:2 Tarnat (43.), 1:2 Seidel (56.